Pragmatisch bis euphorisch

Gespräche über große Koalition beginnen

Von Andrea Scharpen

Jetzt wird es langsam konkret. Darf man auf den Wolf schießen? Sollen Kinder mit Beeinträchtigungen weiter auf Förderschulen gehen oder doch lieber auf Regelschulen? Wie viel Geld soll in den Breitbandausbau fließen? Und wo fehlen in Niedersachsen noch Autobahnen? Über solche Fragen versuchen sich seit gestern Facharbeitsgruppen von SPD und CDU zu einigen. Das Ziel, eine große Koalition in Niedersachsen zu bilden, rückt damit näher.

Die insgesamt sieben Arbeitsgruppen zu Themen wie Arbeit und Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft oder Agrar und ländlicher Raum sollen erste gemeinsame Papiere erstellen – eine Grundlage für die richtigen Koalitionsverhandlungen, die in der nächsten Woche starten sollen. Dann nehmen auch die Landesvorsitzenden ihrer Parteien, Stephan Weil (SPD) und Bernd Althusmann (CDU), teil.

Die waren am vergangenen Mittwoch gemeinsam vor die Kameras getreten, um zu verkünden, dass sie eine Basis für das gemeinsame Regieren sehen. Glücklich wirkte dabei aber nur einer der beiden: „Das heutige Gespräch hat in einer sehr guten, vertrauensvollen Atmosphäre stattgefunden“, sagte Alt­husmann. Die Zahl der gemeinsamen Schnittmengen sei „sehr groß“.

Weil sieht das Ganze eher pragmatisch: „Wir sind uns dabei seitens der SPD bewusst, dass die Zusammenarbeit mit der CDU unter den gegebenen Umständen die einzige Option ist, zu einer stabilen, handlungsfähigen Landesregierung zu gelangen.“

Mit den gegebenen Umständen meint Weil wohl vor allem die FDP. Die Liberalen haben einer Ampelkoalition nach der Wahl eine offizielle Absage erteilt. Sie wollten die rot-grüne Landespolitik beenden und haben die SPD damit in die Arme der CDU getrieben. Nun müssen sich die beiden großen Parteien, trotz der im Wahlkampf oft betonten menschlichen Differenzen, einig werden.

Inhaltlich gibt es noch einige Knackpunkte bei den Verhandlungen. Etwa bei der Asylpolitik. Die SPD hat bisher nur Menschen nach Afghanistan abgeschoben, die in Deutschland straffällig geworden sind. Und auch einer allgemeinen Wohnsitzauflage für Geflüchtete steht Ministerpräsident Weil skeptisch gegenüber. Er hat stattdessen eine Zuzugssperre für Geflüchtete in die Stadt Salzgitter ausgerufen.

Althusmann hingegen will zukünftig wieder mehr Härte in der Asylpolitik zeigen. Er hält Teile Afghanistans für sicher, will durch eine Bundesratsinitiative Niedersachsens die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten erklären und die allgemeine Wohnsitzauflage sofort wieder einführen.

Über eine Koalition müssen am Ende die Mitglieder der Parteien abstimmen.