Von der Türkei gesuchter Schriftsteller: Akhanlı nach Rückkehr bedroht
Der türkischstämmige Schriftsteller Doğan Akhanlı kritisiert die Zusammenarbeit von Interpol mit der Türkei. Das Land sei kein Rechtsstaat.
Wegen eines Festnahme-Ersuchens über Interpol war der Kölner Akhanlı am 19. August während eines Urlaubs in Granada von der spanischen Polizei festgenommen worden. Begründet wurde dies mit einem Raubmord, von dem der 60-Jährige schon 2011 in der Türkei aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden war – und zusätzlich mit offenbar frei erfundenen Vergewaltigungsvorwürfen, sagte Akhanlıs Anwalt Ilias Uyar.
PolitikerInnen aller im Bundestag vertretenen Parteien und der Schriftstellerverband PEN hatten die Verfolgung des Regimekritikers, der seit seiner Ausbürgerung durch die Türkei 1998 allein die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, als „eindeutig politisch motiviert“ charakterisiert. Akhanlıs Bücher haben den türkischen Völkermord an den Armeniern und die Zeit der Militärherrschaft zum Thema.
In Spanien wurde der Autor zwar einen Tag nach seiner Festnahme auf freien Fuß gesetzt, durfte das Land aber monatelang nicht verlassen. Bei seiner Ankunft am Düsseldorfer Flughafen war Akhanlı am Donnerstagabend dann von einem Mann – offenbar ein Anhänger der Erdoğan-Partei AKP – als „Landesverräter“ beschimpft und bedroht worden. „Du bist hier nicht sicher“, habe der Mann auf Türkisch gerufen, so Anwalt Uyar, und: „Dieses Land kann dich nicht schützen.“
Sicherheitslage neu bewerten
Akhanlı bestätigte, er stehe nun „leider unter Polizeischutz“. Die grüne Landtagsabgeordnete Berivan Aymas sagte, die Identität des Drohenden müsse schnellstmöglich geklärt werden. Anwalt Uyar forderte, deutsche Behörden müssten die Sicherheitslage von Erdoğan-Kritikern neu bewerten: „Niemand kann garantieren, dass mein Mandant im Ausland nicht erneut verhaftet wird.“ Dass die Türkei zweimal die Auslieferung eines deutschen Staatsbürgers aus Deutschland herausgefordert habe, nannte er „ein starkes Stück“.
Akhanlı selbst sagte, der „Schock, dass ich mitten in Europa festgenommen werde“, habe ihn zunächst krank gemacht. Kraft gegeben habe ihm aber seine Arbeit: Während seiner Festsetzung in Spanien hat er ein Buch geschrieben – über seine mehrmalige Haft in der Türkei, über die diktatorische Geschichte Spaniens und über in der Türkei inhaftierte Erdoğan-Kritiker wie den Journalisten Deniz Yücel. Seine Rückkehr nach Köln zeige: „Kaputtschlagen“ und „fertigmachen“ könne die türkische Regierung Dissidenten auch „durch willkürliche Verfolgung nicht“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!