: Schnappatmung zur Primetime
Nach zwei Folgen verbannt das ZDF die ambitionierte Serie „Zarah – Wilde Jahre“ ins Nacht- und Spartenprogramm. Was ist da los?
Von Jens Mayer
Dass Eva und Volker Zahn verstimmt sind, zeigt ein Blick auf ihre Homepage. Das Autoren-Paar hat für das ZDF die Serie „Zarah – Wilde Jahre“ erfunden und geschrieben. Im Zentrum steht Zarah Wolf, eine erfolgreiche feministische Autorin und Aktivistin, die 1973 stellvertretende Chefredakteurin eines Gesellschaftsmagazins wird. Eva und Volker Zahn schreiben, dass die Serie „von den meisten TV-Kritikern hochgelobt“ worden sei, „aber offensichtlich nicht den Quoten-Erwartungen des ZDF“ entspreche. „Nach nur zwei (!) Folgen verbannte der Sender das Format sang- und klanglos ins assoziierte ZDFneo“, heißt es weiter, um dann ausgiebig eine lange Wutrede des TV-Kritikers Hans Hoff zu zitieren.
Im März kündigt der Sender den Drehstart der neuen „Primetime-Serie mit Claudia Eisinger“ an, spricht von einem „Stück deutsche Emanzipationsgeschichte im Genre einer Journalistenserie“. Für die Ausstrahlung wird Anfang September sogar ein lange geforderter Seriensendeplatz am Donnerstag geschaffen: Um 20.15 Uhr läuft die Familien-Comedy „Das Pubertier“, um 21 Uhr folgt „Zarah“. In einem Interview mit DWDL betont ZDF-Redaktionsleiterin Heike Hempel den Anspruch, „relevant, unterhaltsam und populär zu erzählen. Uns ist allerdings bewusst, dass man bei Dramaserien häufig einen längeren Atem benötigt.“ Zum Start erhält „Zarah“ tatsächlich einiges an Lob, wird aber auch für holzschnittartige Figuren sowie überfrachtete Storylines kritisiert. Die erste Episode sehen 2,12 Millionen Zuschauer, als die Zahl mit der zweiten sinkt, verschiebt man die Serie ins Nachtprogramm des Hauptsenders und zum Digitalableger ZDFneo. Statt langen Atems herrscht Schnappatmung.
Nun hat „Zarah“ nicht das Format von US-Serien wie „Mad Men“ oder dem thematisch ähnlichen „Good Girls Revolt“, dennoch repräsentiert sie eine ganze Reihe beachtlicher Schritte für das ZDF. Im Vergleich zur herrschenden Krimi-, Ärzte- und Naturidyllkost, ist die Geschichte ziemlich modern und ambivalent erzählt.
Hat die Doppelprogrammierung mit der stilistisch völlig konträr gelagerten Familienserie die Zielgruppe verschreckt? Wurde „Zarah“ und der neue Sendeplatz vom ZDF ausreichend beworben? Hätte man den Zuschauern nicht mehr Zeit geben müssen? Und vor allem: Ist diese Kurzatmigkeit das Todesurteil für weitere außergewöhnliche neue Serienprojekte im Zweiten?
Beim ZDF gibt man sich auf Nachfrage gelassen: „‚Zarah‘ hat in dieser Konstellation nicht die erhoffte Publikumsresonanz gefunden, wurde deshalb verlegt und zur gleichen Sendezeit bei ZDFneo ausgestrahlt“, heißt es aus Mainz kurz angebunden. „Eine solche Erfahrung spornt uns an, es beim nächsten Mal besser zu machen. Deshalb wird es weiterhin ambitionierte und ungewöhnliche Serienstoffe im ZDF geben, auch und gerade in der Primetime.“
Durch das verfrühte Ende sind auf dem Sendeplatz Wiederholungen der seit 2009 produzierten Familienserie „Die Bergretter“ in Spielfilmlänge zu sehen, ehe ab dem 9. November die gerade abgedrehte neunte Staffel ausgestrahlt wird.
Die letzte Folge läuft heute um 1.05 Uhr im ZDF und um 21 Uhr bei ZDFneo.
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