Wutrede der US-Künstlerin Kelela: Ein unerträgliches Gefühl
Die junge US-Künstlerin Kelela hat erst ihr Debütalbum und jetzt auch eine Wutrede über ihren Status als Schwarze im Musikbiz veröffentlicht.
Die junge US-Künstlerin Kelela sorgt gerade ordentlich für Furore. Nicht nur weil sie vor wenigen Tagen ihr Debütalbum „Take Me Apart“ veröffentlicht hat. Mit ihm stellt sie unter Beweis, dass sie packende Popsongs, irgendwo zwischen britischem Grime und US-R&B, komponieren kann. Aber nun hat sie etwas getan, was für eine angesagte Künstlerin, die gerade durchstartet, wirklich ungewöhnlich ist. Sie hat über ihre Erfahrungen als woman of color in der Musikindustrie im Internetmagazin Resident Advisor einen wütenden Text geschrieben.
Auf den ersten Blick wirke es glamourös: „Wenn du eine junge schwarze Frau bist und du siehst eine andere junge schwarze Frau auf einem Magazin-Cover, dann fühlst du unbewusst, dies auch zu können“, schrieb Kelela. Doch die knallige Publicity habe auch ihre Schattenseiten: Alles aus einer Künstlerin herauszuholen, während sie alles gibt, auch das sei die Kultur der Musikindustrie.
Und – es bestehe ein noch viel ausbeuterischen Umgang mit schwarzen Künstlerinnen: „Wenn du eine schwarze Frau bist, gibt es ein unerträgliches Gefühl. Denn was sie aus dir herausziehen, das ist deine Blackness und deine Weiblichkeit – und die Art, wie sich diese beiden Aspekte vermischen.“
Für Kelela erzeugt diese Situation eine Dynamik zwischen ihr als Kunstperson und als Marke und Teil eines Unternehmens. Gerade junge Künstlerinnen wie sie würden dies als Chance wahrnehmen. Dass es aber eine Falle sei, habe sie erst später realisiert: Denn, so schreibt Kelela, wenn die Musikindustrie mit einer „Chance“ an dich herantritt, dann nur darum, „um aus deinem Image als schwarze Frau Kapital zu schlagen“. Früher habe die Musikindustrie nur etwas mit weißen Frauengesichtern angefangen, jetzt beute sie schwarze Frauen aus.
Die Bezahlung ist gut, aber…
Der erste Schock als schwarze Künstlerin im Musikbusiness bestehe folglich darin, schmerzhafte Erfahrungen zu machen. Es gehe um Geschäfte, und was schließlich auf den Markt gebracht wird, sei nicht das, was verkauft werden soll. Aber eine Entdeckung: Die Bezahlung für people of color falle oft hoch aus, worin sich auch etwas „Progressives“ ausdrücke: Kapitalismus vermenge sich auf seltsame Art mit sozialer Gerechtigkeit, das sei etwas, was es früher nicht gab. Die Musikindustrie versuche sich weißzuwaschen, denn ein rassistisches oder sexistisches Image bedeute heutzutage oftmals ein schlechtes Geschäft.
Diese neue Situation habe für sie und andere women of color durchaus Vorteile: Geld zu verdienen und sich selbst zu vermarkten sei für schwarze Künstlerinnen viel einfacher geworden als noch vor zehn Jahren: „Als ich jünger war und viele Musikmagazine konsumierte, bedeutete eine schwarze Frau auf einer Titelgeschichte oder einem Plattencover sehr viel. Ich wusste nicht, was der Hintergrund war – welche Erfahrungen das für die Abgebildeten bedeutete und wie es dazu kam. Alles, was ich wusste, war, dass eine schwarze Frau auf dem Cover war, und das bedeutet sehr viel für mein Leben.“
Selbst 2017 habe das Gesicht einer schwarzen Frau noch so viel Gewicht. Doch manche Plattenfirmen nutzen dies nur, um sich selbst ein progressives Image zu geben. Für Kelela sei es gar nicht von Interesse, in diesem Kontext vermarktet zu werden. Denn eine Stimme erhalten people of color dadurch nicht, auch in der mehrheitlich von Weißen geleiteten Musikindustrie hätten sie nach wie vor wenig Einflussmöglichkeiten.
Über diese Missstände müsse nun endlich gesprochen werden. Auch daher markiert ihr Debütalbum „Take Me Apart“, das diese Woche beim über alle Zweifel erhabenen britischen Indielabel Warp Records erschien, einen Einschnitt. In manchen ihrer Songs hat sie ihre Erfahrungen als schwarze Künstlerin verarbeitet: Auch in dieser Hinsicht ist „Take Me Apart“ eine Ode an all die Missstände.
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