Zwangsprostituierte schutzlos

JUSTIZ Wer Frauen ausbeuten will, hat es leicht: Es gibt keine Kontrollen des Prostitutionsgewerbes, weil die in der Bundesgesetzgebung nicht vorgesehen sind. Rot-Grün will dafür ein Landesgesetz schaffen

Für eine Imbissbude braucht man viele Genehmigungen – für ein Bordell keine

Als Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution registrierten die Bremer Ermittlungsbehörden in diesem Jahr bisher 19 Frauen, im vergangenen Jahr waren es 31 Frauen, 46 im Jahr 2010 und 49 im Jahr 2009. Diese Zahlen veröffentlichte der Senat am Dienstag, in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der CDU. Beinahe die Hälfte der Frauen hatte eine bulgarische Staatsangehörigkeit.

Mit den Durchsuchungen und Verhaftungen vom 18. Oktober gegen einen bulgarischen Menschenhändlerring (taz berichtete) könnte sich zumindest die Zahl der eingeschleusten bulgarischen Zwangsprostituierten verringern. Doch Frauen aus anderen Ländern, die hier unerkannt unter ausbeuterischen und zum Teil gewaltsamen Bedingungen unerkannt als Prostituierte arbeiten, ist damit nicht geholfen. Um diese aufzuspüren und die Täter strafrechtlich verfolgen zu können – dazu müssten Bordellbetriebe erst einmal wirksam kontrolliert werden können, finden die Fraktionen von SPD und Grünen.

Im Juli forderten sie daher den Senat dazu auf, bis Januar 2013 den Entwurf eines Landesgesetzes vorzulegen, das das Prostitutionsgewerbe regulieren kann. Bisher, so formulierte es jüngst wieder der Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) in einem Interview, müsse man nämlich für den Betrieb einer Imbissbude alle möglichen Genehmigungen vorlegen – für den eines Bordells oder anderen Prostitutionsbetriebs etwa in einer sogenannten „Modellwohnung“ gar nicht. Solche Regelungen fehlen im 2002 geschaffenen bundesweiten Gesetz, mit dem Prostitution erstmals als steuerpflichtiges Gewerbe anerkannt wurde. Weil sich trotz der Forderungen von Innenministern und Frauenministerinnen der Länder, hier nachzubessern, auf Bundesebene nichts bewegt, will Rot-Grün nun für Bremen ein eigenes Gesetz schaffen.

Das Problem: Das wollte die Koalition vor zwei Jahren schon einmal. Damals stellte sie einen nahezu identischen Antrag in der Bremischen Bürgerschaft. Die Ressorts Wirtschaft und Inneres prüften das Vorhaben und kamen zu dem Ergebnis, das auf Länderebene nichts zu machen ist, weil für das Gewerberecht die Bundesgesetzgebung zuständig ist. Es ist unwahrscheinlich, dass jetzt das beauftragte Bremer Justizressort zu einer anderen Einschätzung gelangt. Dessen Sprecher Thomas Ehmke, der 2010 als SPD-Parlamentarier selbst den Antrag unterschrieben hatte, sagt nur, dass die Verwaltung noch prüfen würde, ob ein solches Landesgesetz überhaupt möglich sei.

Die Bremer CDU wiederum fordert jetzt wie schon 2010, dass man das Bremische Polizeirecht so verändert, dass verdachtsunabhängige Kontrollen von Modellwohnungen möglich sind. Rot-Grün lehnt dies ab, weil Prostitution damit als Ganzes wieder kriminalisiert würde. Dies sei aber nicht im Interesse derjenigen, die mehr oder weniger freiwillig als Huren arbeiten. EIB