Ruf nach Geschlossenheit

Rot-Rot-Grün Nach der für sie desaströsen Bundestagswahl sorgen sich die Sozialdemokraten, dass die Linke sich profilieren will

In der Koalitionmuss Michael Müller vorerst kein Ungemach befürchten

Die Sitzung war dann doch pünktlich zu Ende. Nach anderthalb Stunden Koalitionsausschuss trat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Montagnachmittag im Roten Rathaus vor die Presse. Um Tegel ging es, natürlich. Doch beim Treffen zwischen SPD, Linken und Grünen spielte auch der Zustand der Koalition nach der Wahl vom Sonntag eine Rolle. Darüber aber verlor Müller beim Pressestatement kein Wort.

Geschlossenheit sei nun vonnöten, hieß es hinter verschlossenen Türen. Das klingt, als wäre das nach dem Wahlausgang keine Selbstverständlichkeit. Tatsächlich fallen die Bilanzen der drei den Senat tragenden Parteien recht unterschiedlich aus. Klare Verliererin ist die SPD, deren Zweitstimmenergebnis mit 17,9 Prozent deutlich unter den anvisierten 20 Prozent liegt. Damit rutscht die SPD hinter CDU und Linken auf Platz drei.

Zu den Gewinnerinnen gehört die Linke. Sie verteidigte ihre vier Direktmandate und lieferte den Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Dass sie der SPD Rang zwei abgenommen hat, könnte für Rot-Rot-Grün ein Problem darstellen, mutmaßte ein führender Sozialdemokrat: „Die muskeln jetzt auf.“

Die Grünen schließlich konnten ihr Ergebnis gegenüber 2013 leicht verbessern, stecken nun aber mitten in der Debatte über eine mögliche Jamaika-Koalition im Bund.

Linken-Landeschefin Katina Schubert jedenfalls gab sich am Tag nach der Wahl selbstbewusst: „Es gibt einen Koalitionsvertrag, den wir bestmöglich umsetzen wollen. Wir nehmen uns das Recht heraus, das, was uns wichtig ist und wir erreicht haben, zu akzentuieren.“ Das mit dem Akzentuieren, so Schubert, gestehe die Linke selbstverständlich auch den beiden Partnern zu. „Erfolgreich können wir nur zusammen sein. Es gibt keine Genugtuung über die Verluste der Koalitionspartner.“

Zur Geschlossenheit mahnte auch die SPD. „Wir repräsentieren als SPD, Linke und Grüne bei den verschiedenen Gruppen der Stadt noch immer eine Mehrheit“, sagte ein Sozialdemokrat. Das müsse man in der täglichen Arbeit nun auch umsetzen.

Ein bisschen Sticheln und gleichzeitig Verantwortung demonstrieren, und das alles vor dem Hintergrund des positiven Votums für Tegel: In der rot-rot-grünen Koalition muss Michael Müller vorerst kein Ungemach befürchten. Aber gilt das auch für seine SPD? Das sollte sich erst am Montagabend im Landesausschuss zeigen.

Im Lager von Müller verwies man schon vorab darauf, dass die SPD auch in anderen Großstädten verloren habe, in Hamburg um 8,9 Prozentpunkte, in Köln um 7,8 Prozentpunkte. Die – wenig tröstliche – Botschaft: Berlin hat es mit einem Verlust von 6,7 Prozentpunkten gar nicht so schlimm getroffen. Ob das die innerparteiliche Opposition um Fraktionschef Raed Saleh beruhigen wird? „Derzeit gibt es keine Anzeichen für Unruhe“, heißt es aus dem Landesvorstand. Doch das könnte sich bald ändern. Nächstes Jahr muss sich Landeschef Müller der Wiederwahl stellen.

Uwe Rada