Ampel: Volldampf voraus?

Grüne und FDP wie Feuer und Wasser? So funktioniert eine Dampfmaschine, sagt der Grüne Matthias Berninger

Was ist eine Dampfmaschine? Da stellen wir uns mal ganz dumm und sagen: In einer Dampfmaschine, von James Watt nicht erfunden, aber Ende des 18. Jahrhunderts perfektioniert, leisten Feuer und Wasser etwas zusammen. Insofern, sagt Matthias Berninger, müsste das Frithjof Schmidt Mut machen, dem NRW-Landeschef der Grünen. Der lehnt Berningers jüngste Ampel-Überlegungen ab („Unfug“), weil Grüne und FDP „wie Feuer und Wasser“ seien. Letzteres sieht Berninger auch so. Aber: „Die Dampfmaschine vereint in kongenialer Weise Feuer und Wasser“, sagte Berninger der taz.

Erste Priorität, sagt der hessische Landeschef und Staatssekretär im Verbraucherministerium brav, habe die Verteidigung der rot-grünen Mehrheit. Das propagieren der Spitzenkandidat und die Parteichefs – und es ist die einzige Konstellation dieser unklaren Wahl, die von den Demoskopen kategorisch ausgeschlossen wird. Zweite Priorität für Berninger daher: „In der Regierung bleiben“, nicht aus Opportunismus, sondern zum Zwecke der Verteidigung „unserer Erfolge“. Etwa des Einstiegs in den Atomausstieg, den eine große Koalition rückgängig machen werde.

Die programmatischen und persönlichen (Fischer/Westerwelle) Gräben zwischen Grünen und der „Partei der sozialen Kälte und der ökologischen Unvernunft“ (Roth/Bütikofer) sind auch ihm bekannt. Aber: „Die Frage ist nicht, mit wem man koaliert, sondern was substanziell herauskommt.“ Das steht im Widerspruch zu all denen, die weder das nötige Mindestmaß an inhaltlicher Übereinstimmung sehen noch die Bereitschaft, danach zu suchen.

Ralf Fücks, Chef der Grünen Heinrich-Böll-Stiftung, findet das Ampel-Paket theoretisch interessant: Ökologie und soziale Verantwortung und Bürgerrechtsliberalismus – und liberale Marktpolitik. Aber die Zeit sei nicht reif. Und: „Das darf auf keinen Fall als opportunistisches Manöver erscheinen.“ In Bremen Anfang, Mitte der 90er hat er selbst schlechte Erfahrungen gemacht in einer Ampel, die an nicht zu vereinbarenden Positionen zerbrach. Vor allem schließt er aus, dass nach der kategorischen Festlegung auf Rot-Grün das Moderieren einer Ampel hinunter an die Basis und hinein in die Seele der Partei zu leisten sei. „Niemand hat versucht, sich diese Option offen zu halten“, sagt Fücks, „da ist ein kühler Schwenk nicht drin.“ Für diesmal.

Berninger dagegen fragt: Wozu gibt es Koalitionsverhandlungen? Da kann man ausloten, ob eine neue Konstellation vielleicht doch Sinn macht. Wenn nicht, dann nicht. Man hat es versucht. „Aber wenn es klappt, dann kann man auch der Öffentlichkeit und der Basis erklären, warum das vernünftig ist.“ Wer hat Sie eigentlich vorgeschickt, Herr Berninger? „Der gesunde Menschenverstand.“

Was die Dampfmaschine betrifft: Sie kann explodieren. Aber sie war die wichtigste Erfindung ihres Jahrhunderts. Sie revolutionierte die Gesellschaft. Und sie schafft Arbeit. PETER UNFRIED