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Sebastian Rudy beim FC BayernSchnörkelloser Teamplayer

Dank Julian Nagelsmann ist Sebastian Rudy vergangenes Jahr zu einem kompletten Spieler gereift. Am Samstag trifft der Bayern-Profi auf seinen alten Klub.

Sebastian Rudy ist ein hervorragender Fußballer, der mit besseren Fußballern besser zu werden scheint Foto: dpa

Hoffenheim taz | Und neben Toni Kroos spielt Sebastian Rudy. Vor einem Jahr noch hätte dieser Satz in Bezug auf die Besetzung des zentralen Mittelfeldes der deutschen Fußballnationalmannschaft ziemlich fantastisch geklungen, ungefähr so fantastisch wie dieser: Sebastian Rudy spielt beim FC Bayern München. Aber innerhalb von zwölf Monaten kann sich im Leben eines Menschen viel ändern.

Im Leben von Sebastian Rudy heißt das: Manche Sätze werden mittlerweile ganz selbstverständlich ausgesprochen, zum Beispiel dieser: Und neben Toni Kroos spielt Sebastian Rudy! Oder: Sebastian Rudy spielt beim FC Bayern!

Das tut er seit diesem Sommer, und an diesem Samstag tritt der 27-Jährige ebenso wie Nationalmannschaftskollege Niklas Süle mit viel Selbstvertrauen mit dem deutschen Rekordmeister bei der TSG Hoffenheim an, ihrem alten Verein. Für Süle überwiesen die Bayern 20 Millionen Euro Ablösesumme nach Baden, Rudy bekamen sie ablösefrei. Mittlerweile dürfte Rudys Marktwert auf dem wahnwitzigen Transfermarkt den von Verteidiger Süle übersteigen.

Aber vor einem Jahr war der schmächtige Fußballer, der noch immer jünger aussieht, als er ist, in Hoffenheim kein unumstrittener Stammspieler in der Mittelfeldzentrale und wie in der Nationalmannschaft mitunter auch Aushilfskraft als Rechtsverteidiger. An Rudy verzweifelten manche Fans, sein Talent war unbestritten, aber sein Hang zur Lethargie stand wie ein Symbol für die Zögerlichkeit der Hoffenheimer Kicker, immer nur so hoch zu springen wie sie mussten. Der totale Biss fehlte in Rudys Spiel, er stand am Scheideweg.

Zögerlichkeit und Lethargie sind aus seinem Spiel ­verschwunden, ­technische Raffinesse und sein Spielverständnis zeichnen ihn nach wie vor aus

Doch der erfolgreich bestandene Abstiegskampf mit dem jungen Trainer Julian Nagelsmann bedeutete eine Zeitenwende in Hoffenheim. Die Mannschaft spielte mit dem vierten Platz die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte, die Champions-League-Qualifikation in den Play-off-Begegnungen gegen den FC Liverpool war jüngst zwar eine Nummer zu groß, nächste Woche aber startet die TSG gegen Sporting Braga in ihre erste Europa-League-Saison. Süle und Rudy aber spielen mit Bayern München in der Champions-League gegen den RSC Anderlecht.

Ballsicherer Stratege

Dass diese Herausforderung eine Nummer zu große wäre für die beiden, würde aktuell niemand mehr behaupten. Beide standen bisher immer in der Startelf in München, der erste Saisontreffer der Bayern gegen Leverkusen entsprang sogar eine Ko-Produktion der beiden Internationalen, die im Sommer mit Deutschland den Confed Cup und noch mehr Selbstvertrauen gewannen. Der Leistungssprung von Rudy hat sehr viel mit dem Hoffenheimer Trainer Julian Nagelsmann zu tun. Zwar wird der 30-Jährige in der Öffentlichkeit oft zuvorderst als Taktik-und Innovationsnerd dargestellt. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Nagelsmann, ein großer, wuchtiger Mann, ist nicht nur sehr kommunikativ, sondern auch sehr fordernd. Mehr „Männlichkeit“ wollte er ins Hoffenheimer Spiel bringen, bekannte er einst. Mittlerweile spielen diese Nagelsmänner tatsächlich nicht mehr nur schön, sondern auch recht nicklig.

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Und aus Rudy ist in den letzten zehn Monaten ein ballsicherer Stratege mit Balleroberungsqualitäten geworden. Zögerlichkeit und Lethargie sind aus seinem Spiel verschwunden, technische Raffinesse und Spielverständnis aber auch in München seine herausragende Eigenschaften. Im zentralen Mittelfeld, wo das Erbe beim Meister ja durch das Karriereende des spanischen Weltmeisters Xabi Alonso extrem groß ist, spielt jetzt Sebastian Rudy.

Aber Rudy ist eben vor allem ein hervorragender Fußballer, der im Zusammenspiel mit immer besseren Fußballern nur noch besser zu werden scheint. Rudy spielt einfach, ohne Schnörkel, auffallen lässt er andere. Alonso bezeichnete er immer als sein Vorbild und vor seiner Rückkehr nach Hoffenheim sagt Rudy nun: „Ich will eine feste Größe bei den Bayern werden.“ Wer weiß, vielleicht klingt auch dieser Satz des derzeit auffälligsten Dauerunterschätzten des deutschen Fußballs irgendwann einmal nicht mehr fantastisch.

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