Portrait
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Im Fokus von Ermittlungen: Dr. Eckhard Reichenbach Foto: Ausriss: WAL/ „Dewezet“, Bearbeitung: taz

Herr Doktor von der AfD

Dr. Eckhard Reichenbach hat zwei Jobs: Er ist Augenarzt, immerhin der einzige im niedersächsischen Bad Pyrmont, der wenigstens ein paar Stunden in der Woche auch KassenpatientInnen behandelt. Zweitens ist er Abgeordneter der AfD im Kreistag Hameln-Pyrmont. Nun soll es zu einer Vermischung von beidem gekommen sein: Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Dr. Reichenbach – wegen des Verdachts auf Wählertäuschung.

Wie zuerst die Deister- und Weserzeitung (Dewezet) berichtete, soll der Politiker einer älteren Patientin das Formblatt für eine Unterstützungsunterschrift der AfD Niedersachsen vorgelegt haben. Das Problem: Die Frau konnte nach der Behandlung mit Augentropfen noch nicht wieder richtig sehen. „Unterschreiben Sie einfach“, soll Reichenbach gesagt haben. „Den Rest fülle ich schon aus.“

Ans Licht kam der Fall, weil die Seniorin den „Landeswahlvorschlag“ aus der Praxis mit nach Hause nahm. Sie wollte nichts unterschreiben, was sie nicht lesen konnte. Ihre Schwiegertochter erstattete schließlich Anzeige bei der Polizei in Bad Pyrmont, schreibt die Dewezet.

Für die taz war Dr. Reichenbach gestern nicht zu erreichen. Dem NDR gegenüber wies er die Vorwürfe jedoch Anfang der Woche zurück: Er habe auch bereits Strafanzeige wegen Verleumdung und Rufmord gestellt. Auch der AfD-Kreisverband Weserbergland meldete sich bis Redaktionsschluss nicht zurück. Beim AfD-Landesverband hatte man zwar von dem Fall gehört, es sei jedoch gerade niemand im Haus, der nähere Auskünfte erteilen könne. Grundsätzlich bestehe seitens der Partei aber in jedem Fall ein „Aufklärungsinteresse“.

Auf die Zulassung der AfD zur vorgezogenen Landtagswahl hat der Fall keine Auswirkungen: Nachdem Landeswahlleiterin Ulrike Sachs davon erfahren hatte, hat sie nach Informationen der Dewezet die Unterstützungsunterschriften aus drei Wahlkreisen nicht berücksichtigt: neben Bad Pyrmont noch die aus Holzminden und Hameln/Rinteln – ohne irgendwen vorverurteilen zu wollen. Auf mehr als 2.000 Unterschriften, die sie braucht um sich zur Wahl stellen zu dürfen, komme die AfD auch so. Marthe Ruddat