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Monika Grütters stellt sich der Wahl (I)Ihr Doppelleben

Monika Grütters ist Kulturstaatsministerin des Bundes und CDU-Landeschefin. In der ersten Rolle glänzt sie. Die zweite Rolle hat sie noch nicht mal richtig angenommen.

Liebt die Aura der Kultur: Monika Grütters, auch CDU-Landeschefin Foto: dpa

Dieser Termin ist wirklich kein Heimspiel für Monika Grütters. Eineinhalb Wochen vor der Bundestagswahl ist die Staatsministerin für Kultur und CDU-Landesvorsitzende zum 8. Berliner Sozialgipfel eingeladen, einem Bündnis aus Gewerkschaften, Sozialverbänden und Mietergruppen. Im roten DGB-Haus am Wittenbergplatz, vor den Vertretern der Verbände und gegen Sozial- und Finanzpolitikerinnen wie Eva Högl (SPD), Petra Pau (Linke) und Lisa Paus (Grüne) kommt Grütters schwer in Gang. Sie sagt Sätze wie: „Die Mietpreisbremse muss nachjustiert werden.“ Das ist richtig, klingt aber auswendig gelernt.

Erst als die Sprache auf ihr Kulturressort kommt, schwimmt sich die 55-Jährige frei und holt Pfeile aus dem Wahlkampfköcher. Das kulturelle Engagement für Berlin werde noch intensiviert, Integration und kulturelle Bildung stärker gefördert. Zudem verspricht sie, dass alle Produktionen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen künftig für Hörgeschädigte untertitelt werden müssten. Damit kommt die CDU-Politikerin gut an.

Monika Grütters führt eine Art Doppelleben. Während sie sich seit 2013 als Kulturstaatsministerin des Bundes profiliert und selbst bei umstrittenen Themen wie dem Kulturgutschutzgesetz, das wertvolle Kunst vor der Abwanderung schützt, nicht an Boden verliert, muss sie auf dem Berliner Terrain kämpfen. Seit Dezember 2016 ist Grütters offiziell Nachfolgerin von Frank Henkel als CDU-Landevorsitzende, 78,4 Prozent der Stimmen erhielt sie auf dem Parteitag. Doch Früchte hat ihre Arbeit als CDU-Chefin bislang wenig getragen.

Immerhin: Erste „Reformschritte“, wie Grütters das nennt, sind ihr gelungen. Nach Intrigen bei der Kandidatenauswahl für den Bundestag in Steglitz-Zehlendorf und einer Schlappe für ihren neuen CDU-Generalsekretär Stephan Evers fährt jetzt die Partei „in ruhigerem Fahrwasser“, analysiert ein Exlandespolitiker aus Zehlendorf. Die Neue, ein Ziehkind des einstigen CDU-Paten Klaus Landowsky, hat sich etabliert in dem Job, den sie nur widerwillig wollte.

Frauen an die Macht

„Wir haben nun einen Landesvorstand mit 50 Prozent Frauen“, betont Grütters heute. Zudem sei die Mitwirkung der Mitglieder über Abstimmungen und Debatten gestärkt worden. „Die Kommunikation ist sehr viel transparenter.“ Jetzt, vor der Wahl, die ein Lackmustest für sie und die Berliner CDU ist, mischt sich die Landeschefin auch in Fragen zur Flüchtlingspolitik und Stadtentwicklung ein. So fordert Grütters, die Ränder des Tempelhofer Feldes zu bebauen. Das bringt Schlagzeilen.

Doch in Sachen „Kommunikation“ kriselt es weiter. Beim Thema Volksentscheid Tegel stehen die Partei und ihre Vorsitzende nicht geschlossen hinter dem Beschluss der Parteibasis vom Juni für den Weiterbetrieb des Flughafens. Zahlreiche prominente Parteimitglieder aus Berlin und die CDU-Mitglieder der Bundesregierung halten die Offenhaltung für einen Fehler.

Kürzlich kündigte sie an, dass Berlin im Falle eines CDU-Wahlsiegs ein zentrales Filmhaus erhalten sollte.

Grütters’ nachträgliche „volle Unterstützung“ für das Votum pro Tegel lieferte Stoff für Breitseiten des politischen Gegners. SPD und Grüne unterstellten ihr zum einen wahltaktisches Verhalten, zum andern, „gar keine Meinung“ zu haben – was sie inhalts- und führungsschwach aussehen ließ. „Verlässlichkeit ist in Berlin keine konservative Tugend“, höhnte die grüne Fraktionschefin Antje Kapek. Die Stadt könne sich „auf das Wort der CDU nicht verlassen“.

Fordert sie Müller heraus?

Die größte Herausforderung als CDU-Landeschefin hat Grütters noch gar nicht angenommen: sich als Galionsfigur der Partei und politisches Gegengewicht zum Regierenden Bürgermeister Michael Müller zu profilieren. Will das Grütters überhaupt, fragen sich einige in der Partei? Oder macht sie nur auf Glamour und Kultur?

Gute Frage. Die Bilanz der anderen Seite des Lebens als Kulturstaatsministerin ist fast blütenrein. Grütters ist seit vier Jahren die erfolgreichste Kulturpolitikerin an der Spitze der Republik.

Kürzlich kündigte sie an, dass Berlin im Falle eines CDU-Wahlsiegs ein zentrales Filmhaus erhalten sollte. Als Ort für die Deutsche Filmakademie und die Kinemathek, das Museum für Film und Fernsehen, ja sogar für die Berlinale, eigne sich der Parkplatz neben dem Martin-Gropius-Bau. Dieses Grundstück falle jetzt an den Bund. „Ein repräsentatives Filmhaus in der Hauptstadt wäre ein markantes Aushängeschild für den Filmstandort Deutschland“, so Grütters. Das kommt an in der Stadt und bei den Wählern.

Für das repräsentative Berlin hat sich die Staatsministerin für Kultur und Medien gelohnt – im doppelten Wortsinn sogar. Frühere Staatsminister wie Michael Naumann mussten noch um die Mittel kämpfen. Grütters konnte ihren Etat kontinuierlich steigern. Im Bundeshaushalt 2018 werden – verglichen mit 2017 – 312 Millionen Euro mehr für kulturelle Institutionen und Projekte zur Verfügung gestellt. Der Kulturetat steigt damit auf 1,67 Milliarden Euro. Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, erwartet, dass jetzt „konkrete, große Bundesprogramme“ angeschoben werden.

Die Kultur als Mittel politischer Repräsentation und Sinnstiftung hat mit der CDU-Kulturfrau eine neue Dimension erreicht.

Es gab Geld, Geld, Geld!

„Es waren gute vier Jahre“, bilanziert Zimmermann, der Grütters einst „Lippenbekenntnisse“ vorgehalten hatte. Das Geld floss anscheinend unaufhörlich: etwa 200 Millionen Euro für die Planung des neuen Museums der Moderne am Kulturforum, 38 Millionen Euro für die Bauhaus-Erweiterung, 60 Millionen Euro für die Wiedererrichtung der Bauakademie.

Ebenso aus dem Füllhorn wurden das 600 Millionen Euro teure Humboldt-Forum, sprich der Stadtschlossnachbau, bedacht; dazu kommen die Said-Barenboim-Akademie, Gedenkstätten, die Filmförderanstalt. Schließlich konnten sich Berlin und der Bund auf den Hauptstadtkulturvertrag und Millionensummen einigen. Die Kultur als Mittel politischer Repräsentation und Sinnstiftung hat mit der CDU-Kulturfrau eine neue Dimension erreicht.

Dennoch spricht die SPD von einer „durchwachsenen Bilanz“, wie Eva Högl die Lobeshymnen der Grütters-Fans kontert. Unter den blendenden Ergebnissen sei auch viel Blendwerk: Es fehlten langfristige Konzepte. Da ist etwas dran. Besonders das Humboldt-Forum wartet noch auf ein Programm aus einem Guss und ein klareres Profil als Ausstellungshaus. Die vielfältige Kritik am Umgang mit der kolonialen Geschichte und den Objekten dort ist berechtigt.

Auch das Museum der Moderne, das Grütters vehement angeschoben hatte, birgt noch jeden Menge Fallstricke – vom Grundstück bis zur Architektur von Herzog & de Meuron, deren Entwurf von der Berliner Architekturszene als „Scheune“ verteufelt wird. Und was wird aus der Einheitswippe – jene von den Berlinern ungeliebte Schaukel zur Erinnerung an die friedliche Revolution von 1989? Die Staatsministerin konnte noch keinen Termin verkünden, wann das Projekt gebaut werden soll.

Grütters hat stets betont, dass sie gerne weitere vier Jahre als Kulturfrau arbeiten würde. Für die Berliner CDU würde das bedeuten, dass die Partei auch künftig nur die zweite Geige spielen wird. Für die Berliner Kultur hingegen dürfte viel Musik drin sein.

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2 Kommentare

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    Welche Erwartungen setzten wir hier und gehört zu einer Streitkultur nicht das Verstehen beider Seiten, beider Positionen? Ist nicht ein objektiver Überblick von ganz weit oben nötig? Und ist es letztlich nicht sinnvoller, Objekte, die nicht von den ursprünglichen Machern/Kulturen als Eigentum deklariert werden, zu schützen und in einer professionellen Weise zu studieren, ihre Entstehungsgeschichte zu zeigen und einer breiten, nationalen und internationalen Öffentlichkeit langfristig frei zugänglich zu machen, anstatt der impulsiven Zerstörung durch böswillige Kriege zu unterwerfen und sie somit für immer zu verlieren?

     

    Über eine differenziertere Recherche und objektivere Berichterstattung seitens der Medien würde ich mich als Leser sehr freuen, doch vielleicht ist es in der Zeit der schnellen clicks auch zu viel erwartet.

  • Die Kritiken ergeben größtenteils nicht wirklich fundierten Sinn, einfach das Abschreiben, was andere Journalisten mal schnell niederschreiben (ich beziehe mich hier speziell auf das Humboldt-Forum) ist nicht wirklich Journalismus, sondern Kritik um der Kritik willen.

     

    Welche Vorstellung von Politik haben wir als Leser und als Journalisten? Alles soll reibungslos laufen und so auch keinerlei Möglichkeiten des kritischen Denkens geben, wie bei einem funktionierenden Roboter, um den sich dann niemand mehr kümmern soll, weil es ja so prima funktioniert?

     

    Und hier wären wir wieder beim Humboldt-Forum, ein Projekt von immenser Bedeutung für das Verständnis des Menschen als eine Art; die Kulturen der Welt im Dialog mit der europäischen Kunst auf der Museumsinsel, sollen es da etwa auch keinerlei Diskussionen geben? Ist es nicht Sinn eines Forums, gerade schwierige Themen wie Kolonialismus und der Präsentation von Wissen anzusprechen und zu thematisieren, anstatt es komplett sein zu lassen oder nur ein Gebäude zu errichten, mit dem alle zufrieden sind?

     

    Es kann gar nicht sein, dass ein Erwähnen einer Kritik schon ein Projekt als „gescheitert“ deklariert. Die positiven Aspekte und Ambitionen bleiben hier in den Medien komplett unerwähnt…und wieder ärgert man sich über die Kritik oder einer späten Öffnung der Ausstellung und so verliert sich natürlich auch das Interesse der Öffentlichkeit für das Projekt, wenn alle in den Medien lesen, was für ein sinnloses Projekt „die da oben“ mal wieder das ganze Geld für ausgeben.

     

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