Kontrolle ist besser

Das Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt hat seinen Jahresbericht vorgestellt. Die Lebensmittelkontrolleure fanden Farbe im Fisch, Draht im Vollkornbrot, krebserregende Stoffe in Chilis und gefährliche Weichmacher im Kinderspielzeug

von Kristina Allgöwer

Drei Tage lang lässt Dr. Ursula Coors den leuchtend roten Tunfisch im Labor liegen. Danach hat er seine Farbe immer noch nicht verändert. Normalerweise müsste er durch den Sauerstoff in der Luft schon längst braun geworden sein. Coors ist Leiterin der Abteilung Lebensmittel im Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt. Für sie ist die rote Farbe ein Zeichen dafür, dass der Tunfisch mit Kohlenmonoxid gefärbt wurde. Ihre chemische Analyse bestätigt das.

Die Behandlung mit Kohlenmonoxid lässt den Fisch frischer erscheinen. Ob er schon verdorben ist, kann der Verbraucher nicht mehr erkennen. In Deutschland ist diese Methode deshalb verboten. Gefärbten Tunfisch zu finden und aus dem Handel zu nehmen, ist eine von vielen Aufgaben in den Laboren des Instituts für Hygiene und Umwelt. Den Jahresbericht 2004 hat Gesundheitssenator Jörg Dräger (parteilos) in dieser Woche vorgestellt.

Mehr als 16.000 Proben Lebensmittel und Bedarfsgegenstände haben die Kontrolleure der sieben Hamburger Bezirke im vergangenen Jahr ins Institut gebracht. Knapp jede siebte mussten die Wissenschaftler beanstanden. „Das bedeutet aber nicht, dass jede siebte Probe als gesundheitsgefährdend eingestuft wurde“, stellte Dräger klar. Viele waren schlicht falsch etikettiert. „Da stand dann Ziegenkäse drauf, und die Milch kam von der Kuh.“ Eine akute Gefährdung ging nur von 13 Proben aus: Dort fanden die Kontrolleure Draht im Vollkornbrot und im Pizzagebäck, Glassplitter in Brötchen und tiefgekühltem Blumenkohl und Kunststofffolie im Wurstbrot.

Verbotene Farbstoffe hat das Institut nicht nur im Tunfisch nachgewiesen. Um normalen Fischrogen dem echten, tiefschwarzen Kaviar ähnlich zu machen, ist es erlaubt, ihn mit Farbstoffen zu behandeln. Bei fast zwei Dritteln der Proben war die zulässige Obergrenze jedoch überschritten. Gefährlich können auch Farbstoffe sein, mit denen in einigen Ländern Chilis und daraus hergestellte Produkte gefärbt werden. Den Stoff „Sudanrot“ hat die Europäische Union als krebserregend eingestuft. Deshalb müssen die Kontrolleure jede Sendung von Chilis vor der Einfuhr überprüfen. In Gewürzmischungen aus Ägypten und Palmölen aus Ghana stellte das Institut Sudanrot fest.

Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Gebrauchsgegenstände untersuchen die Kontrolleure. Dabei fielen ihnen so genannte „Scoubidou-Bänder“ auf. Die bunten Kunststoffschnüre zum Basteln waren im vergangenen Jahr bei Kindern sehr beliebt. Das Institut stellte fest, dass die Bänder Phthalat-haltige Weichmacher enthielten. Diese stehen im Verdacht, die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Durch Kauen oder Lutschen können sie sich aus dem Kunststoff lösen und den Organismus der Kinder schädigen. Im Juli 2005 hat das Europäische Parlament diese Weichmacher für alle Kinderspielzeuge verboten.

Mit einer Quote von 14,7 Prozent beanstandeter Proben liegt das Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt im bundesdeutschen Durchschnitt. 770.000 Untersuchungen haben die Wissenschaftler im vorigenJahr an den Proben durchgeführt, neun Prozent mehr als 2003. Welche Waren die Kontrolleure ins Institut bringen, entscheiden sie nach einem risikoorientierten Ansatz: Sie wählen die Lebensmittel aus, von denen für die Verbraucher die größte Gesundheitsgefährdung ausgeht. „Wir können nicht alles kontrollieren“, erklärte Gesundheitssenator Dräger, „aber wir untersuchen die Eisdiele im Sommer, das Fleischregal im Supermarkt und die Einfuhr im Hafen.“ Der Prozentsatz der beanstandeten Waren ist laut Dräger zwar nicht gesunken. Er ist sich jedoch sicher, dass ohne Kontrollen weit mehr schädliche Produkte beim Verbraucher landen würden.