Qualität plus Quantität

Entgegen dem rückläufigen Einzelhandelstrend erwartet TransFair in diesem Jahr Zuwachsraten bis zu 100 Prozent. Immer mehr Handelshäuser setzten auf hochwertige Waren mit deren Siegel

VON CHRISTOPH RASCH

Eine Weinprobe im doppelten Wortsinn: „Hoffentlich greifen viele Kunden zu“, sagte Marie Marlan, Betriebsleiterin des Stellar Organics Weinguts in Südafrika, „dann haben mehr Menschen aus meiner Heimat die Chance, beruflich aufzusteigen.“ Im Mai zogen Marlans Weine in hunderte deutsche Supermärkte ein – und mit ihnen eine weitere Marke, auf dem das TransFair-Siegel prangt (siehe auch Seite 4).

Der Rebensaft ist nur ein Beispiel für den immer stärkeren Erfolg fair gehandelter Produkte in den Regalen der deutschen Ladenketten. In über 20.000 deutschen Supermärkten etwa ist nicht nur fair gehandelter Kaffee erhältlich, inzwischen finden sich dort Dutzende Transfair-Produkte: Tee, Fruchtsäfte oder Süßwaren sind immer öfter im Sortiment – und verkaufen sich gut: Entgegen dem rückläufigen Einzelhandelstrend erwartet die Siegel-Organisation TransFair in diesem Jahr Zuwachsraten bis zu 100 Prozent. 2004 gingen knapp 1.000 Tonnen Süßigkeiten mit TransFair-Siegel über die Ladentische konventioneller Supermärkte – 30 Prozent mehr als im Vorjahr.

Davon profitieren auch die Handelshäuser, die ihrerseits mit Aktionswochen und Probier-Shows für die fairen Produkte werben: „Unsere TransFair-Biobananen verzeichneten im ersten Halbjahr 2005 eine 60-prozentige Verkaufssteigerung“, sagt Edeka-Sprecher Alexander Lüders, „nicht zuletzt, weil sie mit großer Öffentlichkeitswirkung eingeführt wurden.“ Im vergangenen Jahr rührte die Schirmherrin der Fairen Woche, Entwicklungsministerium Heidemarie Wieczorek- Zeul (SPD), kräftig die Werbetrommel für die faire Frucht.

Exponierte Einzelprodukte lassen sich eben leichter bewerben als gut gemeinte Appelle. „Niemand geht in den Supermarkt, um die Welt zu retten“, sagt TransFair-Geschäftsführer Dieter Overath, „und uns steht kein millionenschweres Werbebudget zur Verfügung.“ Deshalb brauchten Neueinführungen einzelner fair gehandelter Produkte eben auch weiterhin mediale Schützenhilfe: Vom B-Promi aus dem Fernsehen bis hin zum Bundespräsidenten: Anfang September erst schmückte Horst Köhler den Einzug von Rosen, Marke „fairfleurs“, in 450 Kaiser’s- und Tengelmann-Filialen mit seiner Anwesenheit und mit blumigen Worten, auf dass „insgesamt der Gedanke des fairen Handels weiter verbreitet wird“ (siehe Seite 7).

„Bei den großen Ketten ist inzwischen ein ernsthaftes Engagement vorhanden“, sagt Dieter Overath, „die haben den fairen Handel als Werkzeug entdeckt, um neue Käufergruppen anzusprechen.“ Immer mehr Handelshäuser setzten nicht mehr ausschließlich auf billige, sondern auch auf hochwertige und oft aus biologischem Anbau stammende Waren mit dem ethisch korrekten Siegel.

TransFair will auch weiterhin verstärkt seine Produkte in den Regalen von Rewe, Walmart, Karstadt und Konsorten platzieren, um breite Käuferschichten zu erreichen. „Viele Konsumenten kommen dort zum ersten Mal mit fair Gehandeltem in Berührung – und vielleicht, so die Hoffnung, auch auf den Geschmack. Davon können auch die klassischen Bio- und Weltläden profitieren, „deren Angebote die meisten Supermarktkunden bislang nicht wahrnahmen“, glaubt Overath.