Linkspartei fordert schnelle und gute Integration

Flüchtlinge Im ersten Halbjahr 2017 hat sich die Zahl der Geflüchteten kaum noch erhöht

BERLIN taz | Die Zahl der in Deutschland lebenden Flüchtlinge ist im ersten Halbjahr 2017 nur leicht gestiegen. Ende Juni lebten rund 1,5 Millionen Menschen als Geflüchtete mit unterschiedlichem Status im Land, Ende 2016 waren es noch 35.000 weniger gewesen. Zum Vergleich: In demselben Zeitraum 2016 stieg diese Zahl um gut 124.000 an.

Laut Innenministerium waren zwischen Januar und Juni rund 90.000 Menschen als Flüchtlinge eingereist. Dass die Zahl der Flüchtlinge insgesamt weniger stark anstieg, liegt daran, dass viele Flüchtlinge auch ausreisen, abgeschoben werden oder, beispielsweise durch Einbürgerung, nicht mehr als Flüchtlinge in Deutschland leben.

Von den 1,5 Millionen erhielten etwa die Hälfte einen Schutzstatus: Rund 590.000 sind gemäß Grundgesetz oder Genfer Konvention anerkannt, weitere 151.000 erhalten subsidiären Schutz. Hinzu kommen rund 415.000 Asylsuchende, über deren Antrag noch nicht entschieden wurde, und 160.000 Geduldete, die zwar keinen Schutz erhielten, bei denen aber wichtige Gründe gegen eine ­Abschiebung sprechen. Hinzu kommen rund 190.000 Menschen, die geflohen sind und sich nach unterschiedlichen Gesetzen in Deutschland aufhalten dürfen.

Die Zahlen stammen aus Angaben des Bundesinnenministeriums in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Diese fragt halbjährlich die Zahl der in Deutschland lebenden Geflüchteten mit unterschiedlichem Status ab. „Erhöht hat sich vor allem die Zahl der Flüchtlinge mit einem Aufenthaltsrecht“, sagte Ulla Jelpke, die die Anfrage stellte, zur taz. „Die politischen Anstrengungen müssen in erster Linie auf die schnelle und gute Integration der hier lebenden Flüchtlinge gerichtet sein.“

Rund 420.000 der Flüchtlinge mit Schutzstatus stammen aus Syrien, die meisten sind nach der Genfer Flüchtlingskonvention geschützt. Etwa 110.000 weitere Menschen kommen aus dem Irak. Die drittgrößte Gruppe ist aus Afghanistan, gefolgt von Eritrea und Iran. Die Geduldeten kommen vor allem aus Serbien, Kosovo und Albanien, Afghanistan und Russland.

Jelpke kritisierte zudem einen Bericht der Bild-Zeitung aus dem vergangenen Jahr, in dem es hieß, mehr als eine halbe Million abgelehnter Asylbewerber lebe in Deutschland, was „das Versagen der Bundesländer bei den Abschiebungen“ zeige. In ihrer Anfrage fragte die Abgeordnete auch diese Zahl ab.

Tatsächlich haben von den inzwischen über die Jahre fast 600.000 abgelehnten Antragsstellern 78 Prozent ein Aufenthaltsrecht. Ein Großteil des Restes wird geduldet. Nur rund 32.000 Menschen könnten tatsächlich abgeschoben werden, weil sie ausreisen müssen und keine Duldung haben. „Die populistische Klage über angeblich zu wenige Abschiebungen ist nicht nur herzlos“, sagte Jelpke zur taz, „sie ist vor allem von den empirischen Zahlen nicht gedeckt.“ Lalon Sander