Ein Alibi für den Sparkurs

MANIPULATIONSVERDACHT Der „Tagesspiegel“ kündigt der dpa zu Juli 2010

Dass sie beim Tagesspiegel ein bisschen verrückt sind, haben wir ja immer gewusst. Nun hat also Westberlins Intelligenzblatt seinen Vertrag mit der Deutschen Presseagentur (dpa) zum Juli 2010 gekündigt. Und zwar weil die dpa-Zentralredaktion spätestens im Sommer in die Berliner Axel-Springer-Passage einzieht – und damit Mieter beim Zeitungskonzern wird. Bringt dann etwa Springer-Chef Mathias Döpfner morgens die Meldungen persönlich vorbei?

So erklärte der Tagesspiegel am Samstag feierlich, das Mietverhältnis sei „mit der gebotenen Unabhängigkeit von dpa völlig unvereinbar“. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei „nicht mehr möglich.“ Großartig: Da gehört die dpa knapp 200 Verlagen und Rundfunkanstalten – darunter natürlich auch Springer. Bei so einer breiten Gesellschafterstruktur sollte jeder Versuch, der dpa etwas redaktionell aufzuzwingen, eher theoretischer Natur sein. Doch der Tagesspiegel unterstellt Springer fiese Absichten und verdächtigt die dpa, manipulierbar zu sein.

Allen gegenteiligen Beteuerungen der Tagesspiegel-Chefredaktion zum Trotz darf aber zumindest mal laut gedacht werden, dass hinter dem Vorstoß auch ganz schlichte Sparbemühungen stecken. Denn die Angst vorm Dienstleister Springer können wir nicht wirklich glauben. Gedruckt wird das Blatt schließlich im „Druckhaus Spandau“. So steht’s im Tagesspiegel-Impressum. Nicht drin steht, wem der Laden gehört, der Axel Springer AG nämlich. STG

■ Mehr Hintergründe auf taz.de