Das Ding, das kommt
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23.000 Quadratmeter Rasenschutzplatten sollen die Festwiese beim Rolling-Stones-Konzert im Hamburger Stadtpark schützen. Bei deren ersten Konzerten vor 52 Jahren waren die Zahlen noch ganz andere Foto: Christophe Gateau/dpa

Zahlen-Schlacht

Damals, im September vor 52 Jahren, meinte man in Hamburg mit „die Rocker vom Stadtpark“ nicht diejenigen, die auf der Bühne stehen. Sondern die 3.000 „Rowdys“, die vor der Ernst-Merck-Halle randalierten, weil sie kein Ticket mehr bekommen hatten fürs allerzweite Konzert der Rolling Stones – oder natürlich ganz allgemein aus „dumpfer Empörung gegen alles“, wie das Abendblattmutmaßte.

Drei Jahre zuvor schon bereiteten diese „Rocker“ der allerersten Konzertreihe im Stadtpark den Garaus, indem sie die Besucher*innen von Karsten Jahnkes „Jazz im Stadtpark“ verprügelten. Ordner gab’s damals noch keine, für sowas war bei 50 Pfennig Eintritt kein Geld da.

Auch auf den kursierenden Listen rund ums Rock-Event waren die Zahlen noch ganz bescheiden. 6.000 Zuschauer*innen waren jeweils im Saal, 12 Mark kosteten die Karten, das Konzert dauerte kaum mehr als 30 Minuten. 700 Polizisten standen vor der Halle, 80 versteckten sich hinter der Bühne und rund 100 in Zivil sprachen angebliche „Leithammel“ an, um zu verhindern, dass sie mit „spektakulären Methoden die Umwelt provozieren“.

47 Festnahmen und acht Schwerverletzte gab es bei den sechsstündigen Krawallen vor den Absperrungen. Eingesetzt wurden: eine Reiterstaffel, eine Motorradstaffel und zwei Wasserwerfer. Ein paar Konzerthausstühle wurden umgeworfen, Autos verbeult, Straßenlampen mit Steinen beworfen und Wahlplakate für die bevorstehenden Bundestagswahl demoliert. Die größte Zahl damals: der Sachschaden von 80.000 Mark.

80.000 ist auch am kommenden Samstag einer der größten Werte in den diesmal kursierenden Listen: So viele Zuschauer*innen werden auf der Festwiese erwartet, wenn für die Stones dort nach 30 Jahren Ruhe wieder eine Konzertfestung aufgebaut wird. Bis zu 680 Euro hat man diesmal für Karten bezahlen können.

Der Ausnahmezustand beginnt diesmal schon eine Woche vorm Auftritt, aber die Schlacht wird nur eine des Materials: ein 14.000-Quadratmeter-Bühnenbereich, zwölf Tribünen mit 26.000 Sitzplätzen, 400 Meter Glaskabel für IT, acht Kilometer Bauzaun, um Nichtzahlende abzuhalten, 250 Lastwagen usw. Und: 23.000 Quadratmeter Bodenabdeckung, um die Rasenfläche zu schützen. Denn das ist diesmal, neben Terror und Verkehrschaos, die größte Sorge beim Rock-Event.

Freund*innen anderer Genres sind aber auch diesmal vertrieben worden: Das Konzert der Hip-Hopper von Freundeskreis in der benachbarten Freilichtbühne von Karten Jahnke musste wegen des Lärms der Stadtpark-Rocker um eine Woche verschoben werden. MATT