Gnade für einen Folterer

USA Verurteilter Ex-Sheriff von Phoenix entgeht dem Knast – dank Trump

„Joe Arpaio istein vorbildlicher öffentlicher Diener“

Donald Trump, US-Präsident

Aus New York Dorothea Hahn

Was Joe Arpaio als Sheriff in Phoenix, Arizona, getan hat, war eine Miniaturfassung dessen, was Donald Trump im ganzen Land treibt. Der Sheriff hat selektive Ausweiskontrollen nach Hautfarbe durchgeführt, hat Häftlinge – insbesondere Latinos – beleidigt, erniedrigt und misshandelt und sich mit Drohungen und Festnahmen an Journalisten und Richtern gerächt, die ihn kritisiert hatten.

Gerichte haben den Sheriff dafür abgemahnt und seine Behörde zu zig-millionenfachen Entschädigungszahlungen an seine Opfer verurteilt. Im Juli befand ein Gericht schließlich den Sheriff der „Missachtung der Justiz“ für schuldig. Unter normalen Umständen hätte ihn das für bis zu sechs Monate ins Gefängnis gebracht. Doch Trump hat ihn begnadigt. Er sei, so lobt der Präsident den 85-jährigen, rechtskräftig wegen Machtmissbrauchs Verurteilten, „ein vorbildlicher öffentlicher Diener“.

In Phoenix kommentiert Ma Cruz Ramirez diese Entscheidung bitter: „Er begnadigt einen, der Gesetze gebrochen, Personen geschadet und Familien zerstört hat. Anstatt jene zu begnadigen, die in dieses Land gekommen sind, um etwas beizutragen, Steuern zu zahlen und ihre Kinder aufzuziehen.“

Die Latino-Aktivistin, die papierlos ist, hat im vergangenen Herbst mit der Gruppe „Bazta Arpaio“ Kampagne gegen Arpaio gemacht. Angetan mit einem T-Shirt, das Arpaio hinter Gittern zeigte, klopfte sie an Hunderte von Haustüren, um die Wähler aufzufordern, ihn abzuwählen. Am 8. November führte diese Kampagne in Phoenix zu einer der wenigen guten Nachrichten jenes Tages: Arpaio wurde abgewählt.

Während seiner 24-jährigen Amtszeit hat Arpaio sich selbst als den „härtesten Sheriff Amerikas“ gepriesen. In seinem berüchtigtsten Gefängnis, dem Maricopa County Jail, stellte er Zelte ohne Klimaanlage für Häftlinge auf. In der Wüstengegend, wo die Temperaturen in den Sommermonaten auf über 42 Grad Celsius steigen, erlitten Häftlinge in den Zelten Hitzeschläge. Im Winter bibberten sie vor Kälte, weil sie keine wärmende Kleidung tragen durften. Arpaio sorgte auch dafür, dass Menschen in gestreifter Sträflingskleidung aneinandergekettet am Straßenrand arbeiten mussten. Und er schikanierte Gefangene, indem er sie zwang, rosa Unterwäsche zu tragen. Sein Zeltgefängnis nannte er selbst „Konzentrationslager“.

In Arpaios Gefängnissen kamen während seiner Amtszeit Dutzende Häftlinge ums Leben – durch direkte Gewalt, durch unterlassene Hilfeleistung und durch Selbstmord.

Arpaios perfides „Meisterstück“ war ein gefälschtes Attentat, das er in einer seiner Wahlkampfkampagnen 1999 selbst plante, um in die Schlagzeilen zu kommen. Arpaio gab das Geld, um das Zubehör für einen Bombenbau zu kaufen, und beschuldigte James Saville der Tatvorbereitung. Arpaio wurde wiedergewählt und der Teenager Saville kam für vier Jahre ins Gefängnis. Nach seiner Freilassung musste Arpaios Behörde mehr als eine Million Dollar Entschädigung für die ungerechtfertigte Inhaftierung zahlen.

Journalisten der Phoenix New Times, die über Arpaios Immobiliengeschäfte recherchierten, wurden 2013 in der Nacht zu Hause abgeholt. Die Entschädigung für die beiden kostete die Sheriff-Behörde 3,75 Millionen Dollar. Auf die Gattin eines Richters, der einen Prozess gegen ihn entschieden hatte, setzte Arpaio einen Detektiv an.

Als es im November 2016 gelang, Arpaio zu stürzen, war der Ex-Sheriff längst ein lautstarker Unterstützer von Donald Trump. Eine Weile lang galt er sogar als potenzieller Minister für dessen Kabinett. Seinen Prozess wegen Missachtung der Justiz nannte Arpaio eine „Hexenjagd“ und Trump bekundete Sympathie für den Ex-Sheriff. Damit reagierte Trump nicht nur auf die Wahlkampfhilfe von Arpaio, sondern signalisierte zugleich seiner radikal rechten Basis, die Arpaio als Helden verehrt, dass er ihre Wünsche erfüllt.

Für die Latino-Aktivistin Ma Cruz kommt die Begnadigung nicht überraschend. Aber sie sieht darin zugleich einen Hoffnungsschimmer. Sie freut sich, dass Trump sich nicht getraut hat, den Ex-Sheriff schon bei seinem Auftritt in Phoenix zwei Tage zuvor zu begnadigen. Und sie glaubt, dass die Wahlniederlage des Sheriffs in Phoenix auch als Vorbild für die nationale Auseinandersetzung mit Trump dienen kann. „Er hat den Rassismus und die weiße Vorherrschaft zur Regierungspolitik gemacht“, sagt sie, „aber wir kämpfen weiter.“

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