Berliner Szenen
: Sex und Tod

Die Fliegen

Ich würd das nicht wollen, dass mich jemand beim …

Heut ist heiß. So heiß, dass ich nichts tu außer rumliegen, zu Haus, und den Katzen beim Schmatzen zuhören, den Katzen beim Schnurren, den Mücken beim Surren, den Katzen beim Jagen der surrenden Mücken, dann wieder den Katzen beim Schmatzen … Richtig super ist das, so faul zu sein.

Aber jetzt steh ich doch mal auf. Das Katzenschmatzen ist schuld – ich will auch was schmatzen, zum Beispiel den Pfirsich da. Richtig lecker sieht der aus, find ich. Nur als ich die Hand nach ihm ausstreck, fliegen auf einmal zwei Fruchtfliegen auf, und da sieht er schon weniger lecker aus. Bedeutend weniger lecker; ein richtiges Matschloch hat der Pfirsich schon in sich drin.

Verdammt, denk ich, und plötzlich bin ich gar nicht mehr faul, sondern tu, was die Katzen grad mit den Mücken gemacht haben: jagen. Weil so sind Katzen nun mal: voll inspirierend. Ich jage jetzt auch! Und zwar diese fiesen, Pfirsich mampfenden Fliegen! Da sitzt schon die eine, und da die zweite: im Anflug, auf die erste zu. Jetzt sitzen sie beide, und das macht mich richtig doll fies-froh: Beide auf einmal kann ich totschlagen, als Rache für den angefressenen Pfirsich, jawoll!

Mitten im Schlagen merk ich was: Die Fliegen sitzen nicht einfach nur rum; sie haben Sex. Saßen rum, hatten Sex, genauer gesagt. Weil so schnell hab ich das nicht geschnallt – die Fliegen sind Matsch, und ich hab grad wen mitten beim Sex …! Schön ist das nicht. Ich jedenfalls würd das nicht wollen, dass mich jemand mitten beim … Oder doch? Wär das nicht ein super Tod? So als Klischee jedenfalls?

Da muss ich jetzt nachdenken drüber. Am besten im Liegen, mit Katzenschnurren im Ohr, ganz faul. Und dann lieg ich wieder, denk drüber nach: schneller Tod, kleiner Tod, Fliegentod, während die Sonne noch immer voll runterbretzelt auf mich. Joey Juschka