Kein Matsch in die Nordsee

Hafen-schlick

Im Norden gibt es doch Hügel. Der nervigste von ihnen, zumindest empfinden das Wirtschaft und Politik in Hamburg so, besteht aus Hafenschlick. Zehn Meter hoch, 475 Meter breit und einen Kilometer lang würde er vor den St. Pauli-Landungsbrücken die gesamte Norderelbe ausfüllen: Der Hafen würde von 4,75 Millionen Kubikmeter Schlick verdrängt. Das ist die Menge, die Hamburg Jahr für Jahr aus Hafenbecken und Fahrrinne baggern lässt, damit das Herz der Stadt, der Hafen, weiter pulsieren kann.

99 Millionen Euro hat das im Jahr 2016 gekostet, dieses Jahr wird es kaum weniger sein. Ein großer Teil wird an der Hamburger Landesgrenze bei der Insel Neßsand in den Fluss gekippt, die nächsten Hochwasser spülen das Zeug wieder elbaufwärts. Kreislaufbaggerei nennt sich diese ermüdende Sisyphusarbeit.

Und deshalb kamen Wirtschaft und Wirtschaftssenator zu Wochenbeginn auf die glorreiche Idee, den Matsch weit draußen am Rande der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) zu verklappen. Bis in die Mitte der Nordsee reicht sie, weit weg von Elbe und Hafen. „Auf längere Sicht sehe ich darin eine gute Erweiterungsmöglichkeit“, sagte der parteilose Wirtschaftssenator Frank Horch. Allerdings gebe es ein paar ökologische Bedenken, auch könne Hamburg das leider nicht im Alleingang entscheiden.

Und deshalb ist das Ganze eine Schnapsidee. Hamburg bräuchte die Zustimmung des Bundes sowie der Nachbarländer Niederlande, Großbritannien, Norwegen und Dänemark, deren AWZ an die deutsche stoßen. Und das Plazet der EU – und das wird es nicht geben. Deren Meeresrichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, ihre Gewässer bis 2020 in einen guten ökologische Zustand zu versetzen. Davon sind Deutschland und die Nordsee noch weit entfernt – mit Giften belasteter Baggermatsch kommt da nicht ins Meer: Eine Genehmigung ist nach europäischem Umweltrecht nicht denkbar. smv