THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Das „Haus Zukunft“ befindet sich an einem Ort mit Vergangenheit. Denn auf dem Gelände am Berliner Bahnhof Ostkreuz befand sich einmal das Filmlager des berühmten Progress-Filmverleihs. Seit 2003 war hier der legendäre Techno-Club „Ministerium für Entspannung“ untergebracht, der dann 2009 abgebrannt ist. Seit 2011 wurde das verwunschene und verwahrloste Gelände langsam wieder erschlossen, ein Freiluftkino mit dem atmosphärischen Namen „Pompeji“ eröffnet und bald auch das „Haus Zukunft“, wo man seitdem Filme, Musik und Kunst geboten bekommt. Und zwei selbstgebraute Biersorten, die Dunkle Zukunft und die Helle Zukunft nämlich. Seit 2013 wird im „Haus Zukunft“ auch Theater gespielt, und der Autor des nächsten Stücks, das hier Premiere feiert, ist kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe höchstpersönlich. Das Stück „Die Mitschuldigen“ schrieb der berühmteste aller deutschen Dichter mit gerade einmal zwanzig Jahren (deutlich vom Idol seiner Jugend Molière inspiriert) und bei der Uraufführung spielte der junge Goethe die Hauptrolle natürlich selbst: einen jungen Mann, der an die Front muss, derweil seine Jugendliebe jemand anderen zu heiraten gezwungen wird: das „Vieh“ nämlich, einen Sauffreund ihres Vaters, der bald ziemlich verschuldet ist. Dann kehrt Alceste zurück … Im Theater Zukunft beziehungsweise seiner Spielstätte am Waldgarten hat nun die Schauspielerin und Regisseurin Rike Eckermann Goethes lustigstes und luftigstes Drama in Szene gesetzt. (Theater Zukunft: „Die Mitschuldigen“, Premiere 22. 8., 19.30 Uhr).

Auch das Wandertheater „Ton und Kirschen“ kann man als Traditionsbetrieb bezeichnen. 1992 gegründet und in Werder bei Berlin ansässig, zieht es seit 25 Jahren durch Brandenburg und das weitere Europa. Tourneen haben es aber auch schon bis nach Indien, Kolumbien und Korea geführt. Nun ist das Theater einmal wieder in Berlin zu sehen, genauer gesagt in der UFA-Fabrik, wo es seine Theaterfassung von Herman Melvilles berühmter Verweigerer-Geschichte „Bartleby, der Schreiber“ zeigt: jenem Angestellten eines New Yorker Büros, der allem, was man an ihn heranträgt, ein höfliches „Ich möchte lieber nicht / I prefer not to“ entgegensetzt. Er stellt immer mehr Aktivitäten und am Ende sogar das Essen und Atmen ein und lässt sich weder durch Zuspruch noch durch Drohungen von seinem Verhalten abbringen. Es inszenierten die Künstlerischen Leiter von „Ton und Kirschen“ Margarete Biereye und David Johnston mit neun Schauspieler*innen aus sieben Ländern. (Ufa-Fabrik: „Bartleby, der Schreiber“, 23.–26. 8., jeweils 20 Uhr).