Sie zählten noch um Mitternacht

Diverse Pannen verzögerten in Berlin die Stimmenauszählung. Relativ niedrige Wahlbeteiligung kostet Berlin ein bis zwei Bundestagsmandate. NPD in zwei Wahllokalen über 10 Prozent. Die Grauen verdoppeln ihren Stimmanteil

Das rote Berlin bekommt die rote Laterne: Erst um 0.30 Uhr waren alle Stimmen ausgezählt. Kein Bundesland war langsamer. Landeswahlleiter Andreas Schmidt von Puskás stört das nicht: „Es gibt ja keine Preise für besonders schnelle Mitteilung.“

Die Verzögerung lag an einigen Wahlpannen. In einem Lokal in Reinickendorf hatten laut erster Auszählung von 500 Wahlberechtigten nur 100 ihre Erststimme abgegeben. Die offenbar übersehenen Stimmen wurden erst bei einer zweiten Durchsicht mitgezählt. Auch in Pankow und Tempelhof-Schöneberg kam es zu Spätzählschichten. Laut Schmidt von Puskás lag das zum einen an der Größe der Bezirke, aber auch an den wenig eingespielten Wahlhelferteams. Die größte Wahlpanne gab es in Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg-Ost. Im dortigen Wahllokal 287 waren anfangs falsche Stimmzettel ausgegeben worden, auf denen die Kandidaten für den Wahlkreis Pankow aufgeführt waren. Erst ein Wähler bemerkte den Fauxpas. „Das ist schon peinlich“, so Schmidt von Puskás, „solche Verwechslungen dürfen nicht passieren.“ Dennoch sei dies für das Wahlergebnis nicht von Bedeutung. Christian Ströbele (Grüne) gewann das Direktmandat haushoch, da hätten auch 59 jetzt ungültige Stimmen nichts dran geändert.

Die Wahlbeteiligung lag in Berlin bei 77,4 Prozent – 0,2 Prozent niedriger als bei der letzten Bundestagswahl. Diese relativ niedrige Wahlbeteiligung – es gibt mehr Nichtwähler als CDU-Wähler – macht der Landeswahlleiter mit dafür verantwortlich, dass nur 22 Mandate auf Berlin entfielen. „Bei 80 Prozent Wahlbeteiligung gäbe es wohl zwei Mandate mehr“, so Schmidt von Puskás.

Erneut wählten West und Ost unterschiedlich. Zwar wurde die SPD in beiden Stadthälften gleichmäßig stärkste Kraft – 34 Prozent im Westen, 34,9 im Osten. Doch sie verlor fast viermal mehr Stimmen im Osten als im Westen. Die CDU hingegen schnitt mit 27,9 Prozent im Westen doppelt so stark ab wie im Osten mit 13,6 Prozent. Die Linkspartei wurde im Osten mit 29,5 Prozent zweitstärkste Partei und fasste mit 7,2 Prozent erstmals im Westen Fuß.

Die NPD blieb bei der Wahl mit 1,6 Prozent zwar bedeutungslos, konnte allerdings ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln. Insbesondere in Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg gibt es dramatische Steigerungen. In neun Wahllokalen erhielten die Rechtsextremen über 8 Prozent, im Wahllokal 405 in Treptow sogar 11,4 Prozent.

Von den kleineren Parteien sind die GRAUEN die erfolgreichste. Sie verdoppelten ihr Ergebnis auf 1,9 Prozent. Abgeschlagen dagegen die erstmals angetretene PARTEI mit 0,4 Prozent. Selbst in Friedrichshain-Kreuzberg kam die Satiretruppe nur auf 0,8 Prozent. Den Wählern war es wohl zu ernst, als dass sie ihre Stimme einer Spaßpartei zukommen lassen wollten.

Alexandra Müller

Infos: www.statistik-berlin.de/wahlen