Jetzt geht es um den Feinschliff

Bewegung Die Verkehrssenatorin hat den Entwurf des Mobilitätsgesetzes vorgelegt. Geregelt werden ÖPNV und Radverkehr. Noch fehlen die dazugehörigen Verkehrspläne

Foto: dieKleinert

von Claudius Prößer

Es könnte also doch noch klappen: Seit gestern liegt der Entwurf eines neuen Radgesetzes vor, den die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz auf Grundlage des Radverkehr-Dialogs erarbeitet und hat. Wenn jetzt die parlamentarischen Mühlen mit größtmöglicher Geschwindigkeit mahlen, würde das Gesetz tatsächlich noch im laufenden Jahr in Kraft treten, so wie es die AktivistInnen von Volksentscheid Fahrrad und ADFC seit Monaten fordern.

Was die parteilose Senatorin Regine Günther und ihr Verkehrsstaatsseketär Jens-Holger Kirchner am Freitag präsentierten, hat mit dem 2016 vom Volksentscheid Fahrrad vorgelegten Entwurf eines Berliner Radgesetzes nur noch grobe Gemeinsamkeiten. Bei dem sogenannten Referentenentwurf handelt es sich um den Torso eines künftigen Berliner Mobilitätsgesetzes, das einmal alle Belange des „Umweltverbunds“ aus ÖPNV, Rad- und Fußgängerverkehr sowie neuer, „intelligenter“ Dienstleistungen wie Carsharing regeln soll. Jetzt liegen die ersten drei Abschnitte vor: ein allgemeiner Teil, einer für den öffentlichen Nahverkehr und ein dritter für das Fahrrad.

Grüne Handschrift

Die allgemeine Zielsetzung trägt dabei eine klar grüne Handschrift – wenn man sich vergegenwärtigt, dass Grüne längst keine Autofeinde mehr sind. In Günthers Worten: „Je mehr Menschen auf Bus, Bahn oder Fahrrad umsteigen können und wollen, desto schneller kommen auch die voran, die auf das Auto angewiesen bleiben.“ Der Pkw hat nicht ausgedient, er soll nur klimaneutral und möglichst risikolos werden. Deshalb hat die schon bei der Vorstellung der Gesetzes-Eckpunkte vor einigen Monaten betonte „Vision Zero“ Eingang in die Paragraphensammlung gefunden. In Paragraf 8 heißt es: Langfristiges Ziel ist es, dass sich im Berliner Stadtgebiet keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden ereignen.“

Da so etwas, wenn überhaupt, nur durch ganz konkrete Maßnahmen erreicht werden kann, wird es nun auf die Feinarbeit am künftigen „Radverkehrsplan“ ankommen. Der soll die allgemeinen Forderungen des Gesetzes – nach einem lückenlosen Radwegenetz inklusive eines „Vorrangnetzes“, nach sicheren Radwegen an allen Hauptverkehrsstraßen und nach Radschnellverbindungen – in anwendbare Standards umsetzen, die sich in Metern, Jahren und Koordinaten ausdrücken lassen. Die Erarbeitung der Vorgaben für den Radverkehrsplan, der bis 2020 fertiggestellt sein soll, wird in diesem Herbst wieder der „Rad-Dialog“ von Politik und Verbänden übernehmen.

Stolze Senatorin

Verkehrssenatorin Regine Günther sagte, die Geschwindigkeit, mit der ihr Haus den Referentenentwurf vorgelegt habe, erfülle sie mit Stolz. Das vermag Heinrich Strößenreuther von der Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ nicht so richtig nachvollziehen. Er sei aber stolz, dass es jetzt endlich gelungen sei, die Verkehrswende festzuschreiben, so Strößenreuther zur taz. „Vor einem Jahr hat der Senat noch gesagt: Das geht so alles nicht. Jetzt ist klar: Wir haben den Tanker so lange angestoßen, bis er endlich seine Richtung geändert hat.“