THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Im Wedding, da wohnten lange die Ungentrifizierbaren, die echten Berliner, die sich ihrer Vereinnahmung durch Kunst oder sonstiges Projektwesen mit Erfolg entziehen konnten – und sie hatten auch eine Theaterserie, in der ihre ganze widerständige Energie, ihr utopisches Multikultiwesen, das fröhliche und friedliche Nebeneinander von Spießern aller Couleur und Nationalität gefeiert und gleichzeitig selbstironisch veräppelt wurde: „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ hieß (und heißt) die (inzwischen auch verfilmte) Chose, mit der das Weddinger Prime Time Theater (Volks-)Theatergeschichte schrieb.

Doch längst ist die nach dem 1944 hingerichteten Widerstandskämpfer Wilhelm Böse benannte Brücke, die den Wedding mit Prenzlauer Berg und der Heimat der im Wedding so gefürchteten Prenzlwichser und ihrer Entfremdungsenergie verbindet (und deswegen in der Soap immer nur die böse Brücke war), eine offene Grenze und bietet Weddingern keinen Artenschutz mehr. Ja. Auch ist Constanze Behrends, die die über 100-teilige Theatersoap schrieb und auch viele Rollen darin gespielt hat, schon länger nicht mehr mit von der Partie. Aber: Jetzt hat das Prime Time-Theater tief Luft geholt und zu einer neuen theatralischen Großtat angesetzt. Denn die Superhelden aus „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ stehen vor großen Herausforderungen! Ein Superschurke will die Berliner Bürger gleichschalten und Berlin, wie wir es kennen, zerstören, wird aus dem Prime Time Theater gemeldet. Niemand kann ihn aufhalten, weil niemand weiß, wer er genau ist und was er will. Jetzt müssen sich die Superhelden des „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“-Universums zusammenschließen, um die bunte Vielfalt Berlins zu retten. Am 28. Juli hatte „Die Weddingers“ Premiere (Prime Time Theater: „Die Weddingers“, 3., 4., 5. 8., jeweils 20.15 Uhr).

In der Schaubude an der Greifswalder Straße kann man nicht nur jetzt, in der Ferienzeit, sondern immer auch morgens ins Theater gehen. Um zehn Uhr zeigt das Theater Geist sein Stück „Lütt Matten und die weiße Muschel“ nach einem berühmten Defa-Kinderfilm von Hermann Zschoche nach einem Kinderbuch von Benno Pludra. Es geht um Lütt Matten, einen Fischerjunge an der Ostseeküste, der eine selbst gebaute Fischreuse aufgestellt hat, aber keine Fische fängt. Alle im Dorf lachen ihn aus. Nur seine Freundin Mariken glaubt an ihn. Heimlich macht sich Lütt Matten eines Nachts auf die Suche nach der legendären weißen Muschel, die „den Frühling, den Fisch und das Glück“ herbeizaubern soll (Schaubude: „Lütt Matten und die weiße Muschel“, 3. & 4. 8., 10 Uhr).