Zweifelhafter Kulturgenuss

Sektenbeauftragte warnt vor heutigem „World Harmony Concert“ in der Alsterdorfer Sporthalle: Veranstalter ist die Gruppierung um dubiosen Guru Sri Chinmoy

An Litfaßsäulen und auf Werbeflächen in ganz Hamburg kleben Plakate mit der Abbildung eines kahlköpfigen alten Mannes. Er wirbt für das „World Harmony Concert“, eine Musikveranstaltung, die heute um 20 Uhr bei freiem Eintritt in der Alsterdorfer Sporthalle stattfindet. Der abgebildete Mann ist Sri Chinmoy, ein Guru, dem seine Anhänger gottähnliche Eigenschaften zuschreiben. Vor ihm hat Ursula Caberta, Sektenbeauftragte der Innenbehörde, gestern eindringlich gewarnt.

„Die beste Empfehlung ist, dieses Konzert nicht zu besuchen“, sagt Caberta. Denn dort könne es zu Anwerbungsversuchen der Gruppierung Sri Chinmoys kommen. Die Sekte gehöre zu den „Klassikern“ der Guru-Bewegungen. „Bezeichnend ist, dass sie den Abbruch aller sozialen Kontakte zu Nichtmitgliedern anordnet“, so Caberta.

Diese Erfahrung hat die Hamburgerin Brigitte M. bereits gemacht: Ihre 18-jährige Tochter hatte im November 2004 einen Werbezettel mit der Aufschrift „Meditation kostenlos“ gelesen und daraufhin ein Treffen im „Sri Chinmoy-Center“ besucht, einem unauffälligen Wohnhaus in Uhlenhorst. Wenige Monate später sei die Abiturientin Schülerin des Gurus geworden, habe ihre Studienpläne aufgegeben und sei von zu Hause ausgezogen. Zu ihrer Mutter habe sie heute keinen Kontakt mehr. „Ich habe dem Guru gesagt, ich werde alles tun, um sie da wieder rauszubekommen“, sagt Brigitte M.

Sri Chinmoy selbst lebt in New York, besucht aber regelmäßig seine Anhänger in der ganzen Welt – in Deutschland sind es vermutlich einige hundert. Von ihnen fordert der 74-jährige Bengale Kinderlosigkeit und absolute sexuelle Enthaltsamkeit. Bereits das Berühren der Schulter eines Mannes durch eine Frau, so berichten Aussteiger, wird unter anderem durch mehrwöchige Redeverbote bestraft. Zu den Pflichten zählen Meditationen vor einem Foto Sri Chinmoys.

Dieser finanziert seine Aktivitäten durch Spenden und zahlreiche Firmen, genannt Divine Enterprises. Dort arbeiten gegen geringe Entlohnung seine Anhänger: Nach Eintritt in die Sekte geben sie ihre Berufe in der Regel auf. Kristina Allgöwer