„Schwarz-grün wäre anstößig“

Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Klaus Möhle hält schwarz-grüne Koalitionen zwar für denkbar, ihm fehlen aber in der eigenen Partei wie bei der CDU die Partner

taz: Angesichts des Wahlausgangs sind neue Koalitionen ins Gespräch gekommen. Glauben Sie, dass Lagergrenzen zwischen schwarz-gelb und rot-grün zementiert sind?

Klaus Möhle: Aus meiner Sicht war das nie so. Ich war immer der Meinung, dass man mit allen reden können müsste.

Wo sind Perspektiven und Kooperationsmöglichkeiten für schwarz-grün?

Ich glaube, dass man mit ruhigen Typen wie Christian Wulff eher etwas anfangen kann als mit der abgehalfterten Frau Merkel, die durch das schlechte Ergebnis total verbrannt ist – oder gar einem Westerwelle.

Wo gibt es inhaltliche Schnittflächen – auch für Bremen?

Da gibt es einiges. Nehmen wir das Beispiel Windenergie, die etwa Wulff unterstützt. Und auch Jens Eckhoff, der Bau- und Umweltsenator der CDU in Bremen, ist einer, der das fördert. Dazu gibt es auch eine traditionelle Verbindung über die Frage „Erhalt der Schöpfung“ im weitesten Sinne. In der Frage, wie man Ausländer integriert, müsste sich die CDU aber bewegen.

Was ist mit der Bremer Haushaltskonsolidierung?

Das macht bisher weder die CDU noch die SPD vernünftig. Um da zusammenzukommen, will ich bei jeder Investition eine ehrliche, offene Diskussion darüber haben, ob die Stadt sich das leisten und davon profitieren kann. Bei dieser Haushaltslage muss man sehen, dass vernünftige Leute zusammen regieren, da kann man sich keine ideologischen Spirenzchen leisten.

Also eine „Koalition der Vernunft“ für Bremen: Bei welchen Parteien sehen Sie die größten Schnittflächen?

Bei den großen Parteien verändert sich etwas. Da wird nicht mehr geglaubt: Wir bauen ein Gewerbegebiet und eine Autobahn, und das ist Wirtschaftsförderung. Von dieser gescheiterten Wirtschaftspolitik muss die CDU weiter Abstand nehmen, als es die SPD schon getan hat. Eine Koalition würde ich in Bremen stark an Personen knüpfen. Ich könnte mir vorstellen, mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Jens Böhrnsen diese Vernunftpolitik zu machen, zumindest eher als mit anderen. Bei der CDU fehlen mir manchmal Menschen, die das mitmachen würden.

Wäre Jens Eckhoff so ein Ansprechpartner?

Als Politiker vielleicht, aber er hat in der eigenen Partei offenbar nicht die Kraft, um das durchsetzen zu können.

Und bei den Grünen?

Das wäre in meiner Partei anstößig, obwohl ich die strategische Option ernst nehme. Bei uns gibt es starke linke Traditionen. Wir müssen pragmatischer werden.

Ist schwarz-grün eine ernsthafte Option?

Zunächst sehe ich kaum Perspektiven, weil die CDU in Bremen ein so grottenschlechtes Ergebnis eingefahren hat, dass es dafür gar nicht reichen würde. Angenommen, die Wahlarithmetik wäre anders, kann ich mir vorstellen, dass man sich einigt. Es ist für eine kleine Partei eine Sackgasse, wenn man nur mit einem Partner koalieren kann und alle anderen Konstellationen nicht mehr denken darf. Denn eines hat dieses Bundes-Wahlergebnis auf jeden Fall gezeigt: Die tradierten Koalitionen funktionieren nicht mehr ohne weiteres.

Interview: Kay Müller