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Mehr als ein Sommerjob

Liquide Ist Bademeister ein vielleicht entspannter, aber auch langweiliger Beruf? Wer heute eine dreijährige Ausbildung zum Fachangestellten im Bäderbetrieb beginnt, findet bei dem derzeitigen Personalmangel immerhin fast sicher eine Anstellung

So entspannt stellen sich viele den Beruf des Bademeisters vor. Doch trotzdem gibt es einen Mangel an Fachpersonal in dem Job Foto: Carsten Leuzinger/imageBROKER/Okapia

von Linda Gerner

Als Arbeitskleidung Flip-Flops, kurze Hose und T-Shirt, stundenlang aufs Wasser blickend und gelegentlich den Satz „Nicht vom Beckenrand springen“ durchs Megafon rufend: So entspannt stellen sich viele den Beruf des Bademeisters vor. Doch trotzdem gibt es einen Mangel an Fachpersonal in dem Job. Und das hat Folgen: Immer wieder müssen Schwimmbäder aus Personalmangel geschlossen bleiben. Bundesweit sind nach Schätzungen derzeit etwa 100 Stellen für Bademeister unbesetzt, rund 400 Städte suchen ausgebildete Fachkräfte.

Ein Grund könnten neben dem eher eintönigen Berufsimage auch die Arbeitszeiten sein: „Man arbeitet meistens dann, wenn andere ihre Freizeit genießen“, sagt Daniel B.. Er entschied sich 2009 nach dem Abschluss der 10. Klasse für die dreijährige Ausbildung zum „Fachangestellten im Bäderbetrieb“. Der 26-Jährige wurde Azubi in einem Freizeitbad im Kreis Lippe in Nordrhein-Westfalen: „Mein Traumjob war es zunächst nicht, aber ich hatte Lust mit Menschen zusammen zu arbeiten und war immer schon sportlich aktiv. In der Ausbildung hab ich dann gemerkt, dass es genau mein Ding ist.“

Im Ernstfall Lebensretter

Was man als Bademeister verdient, hängt davon ab, ob man im privaten Schwimmbad oder im öffentlichen Dienst ausgebildet wird oder angestellt ist. Öffentlicher Dienst (TVöD), gestaffelt nach Ausbildungsjahr: 1. Lehrjahr zirka 900 Euro, 2. Lehrjahr zirka 960 Euro, 3. Lehrjahr etwas über 1.000, als Meister bis zu 3.200 Euro.

Ausbildungs- und Fortbildungsseminare: www.bds-ev.de/ausbildung/seminare-u-schulungen/index.html

Laut Corina Hausdorf hat der deutschlandweite Personalmangel auch damit zu tun, dass der Beruf „zu unbekannt“ sei. Hausdorf leitet die Personal- und Team­entwicklung der Berliner Bäderbetriebe, und sie betont, dass Bademeister viel mehr machen, als nur Aufsicht am Beckenrand zu leisten. „Die Badegäste sehen nur die Person, die ums Schwimmbecken herumläuft und aufpasst“, so Hausdorf. Unbemerkt blieben ihre Tätigkeiten als Animateur, Sanitäter, Techniker und Chemiker.

Denn auch die Kontrolle der Bädertechnik, das regelmäßige Entnehmen von Wasserproben sowie Reinigung- und Desinfektionsarbeiten gehören zu den Aufgaben eines Bademeisters. Noch wichtiger ist in ihrem Beruf jedoch die Verantwortung, die sie täglich tragen: Im Ernstfall müssen sie Lebensretter sein. Dafür erneuern sie mindestens alle zwei Jahre ihren Rettungsschwimmerschein und besuchen Erste-Hilfe-Kurse.

Und auch ohne Notfälle haben Bademeister täglich Kontakt mit Badegästen, die oft aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen. Sie leiten Schwimmkurse, machen die Animation bei Wassergymnastik und Kindergeburtstagen – und Arbeiten auch schon mal an der Kasse.

Für die Bewerbung als Azubi zum Fachangestellten im Bäderbetrieb sei ein erweiterter Hauptschulabschluss wünschenswert, aber nicht immer Pflicht, sagt Corinna Hausdorf. Das benötigte Rettungsschwimmerabzeichen in Silber ist Teil der Ausbildung, „wer es bereits hat, umso besser.“ Azubi-Bewerber bei den Berliner Bäder-Betrieben müssen außerdem vor der Einstellung unter Beweis stellen, dass sie sicher schwimmen können und einen Wissenstest absolvieren: „Da werden vor allem Rechengrundlagen und schulische Grundkenntnisse abgefragt.“ Schließlich müsse man in dem Beruf, so Hausdorf, „auch einige chemische Prozesse kennen und sollte ausrechnen können, mit wie viel Chlor das Wasser aufbereitet werden muss“. Und was braucht es sonst noch als Bademeister?

Man sollte auch genügend Selbst­bewusstsein haben, um durchzugreifen

„Zuverlässigkeit und Freundlichkeit ist klar, aber man sollte auch genügend Selbstbewusstsein haben, um durchgreifen zu können“, sagt Daniel B. Denn gerade wenn das Schwimmbad voll sei, müsse man übermütige Jugendliche auch ermahnen können und Autorität ausstrahlen. Nach ein paar Monaten am Beckenrand, so Daniel, kenne man viele der Besucher: „Die regelmäßigen Morgenschwimmer begrüßt man schnell persönlich, und man kennt auch seine Pappenheimer, auf die man eher mal ein Auge werfen muss.“ Der Kontakt mit den Schwimmgästen sei abwechslungsreich, besonders das Anleiten von Fitnesskursen gefällt ihm: „Macht schon Spaß, die Leute im Wasser ein bisschen zu triezen“, sagt Daniel und grinst. Auch gebe es berufsbedingte Vorteile: „Als Bademeister hat man abends schon häufig ein ganzes Schwimmbecken nur für sich.“

Dennoch haben die Bäderbetriebe mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen – auch in Berlin. Hier versucht man dagegen anzugehen, indem künftig mehr Bademeister ausgebildet werden – im neuen Ausbildungsjahr ab Dezember 14 Azubis statt 12 wie zuvor, im kommenden Jahr sollen es 16 werden. Hinzu kommt ein neues Modell: Personen, die noch nicht vollständig die Voraussetzungen der Einstiegsqualifikation erfüllen, aber Potenzial haben, können bereits ein Jahr vor Ausbildungsbeginn angelernt werden. Bei Geflüchteten etwa, sagt Hausdorf, gebe es häufig Probleme mit der deutschen Sprache. Durch das zusätzliche Jahr könne diese Barriere kompensiert werden. In Berlin ist aktuell ein geflüchteter Einstiegsqualifikant, im nächsten Jahr wechselt er in die dreijährige Ausbildung. Die Azubi-Klassen in Berlin seien dabei heterogen: Die Auszubildenden seien zwischen 15 und 50 Jahren, einige mit, einige ohne Migrationshintergrund. Am Ende der praktischen und schulischen Ausbildung wartet eine Abschlussprüfung auf die Azubis, zu der auch eine intensive Schwimmprüfung zählt, die etwa das Abschleppen einer Person und Schwimmen in Kleidung beinhaltet. Wer die Prüfung meistert, bekommt bei der derzeitigen Lage fast sicher einen Job.