Die rot-grüne Kunstrasendemo

Demokratie SPD und Grüne rufen für Samstag zu einer eigenen Demo auf. Sie wollen Haltung zeigen, G20 aber nicht ablehnen

Es wird sie tatsächlich geben: eine G20-Demo, zu der die rot-grünen Hamburger Bürgerschaftsfraktionen aufrufen, gleichzeitig ist der von ihnen getragene Senat Gastgeber des Gipfels. So richtig Teil des Protests will die Demo „Hamburg zeigt Haltung“ daher auch nicht sein.

Würden nicht 10.000 TeilnehmerInnen erwartet, das Unterfangen erinnerte stark an „Astroturfing“, das US-amerikanische Phänomen einer „Kunstrasenbewegung“, eine Fake-Graswurzelbewegung von oben. Das Demomotto jedenfalls gleicht mehr einem Morgenappell der Bundeswehr, bei dem man Haltung „einnehmen“ muss. Haltung zu zeigen ist auch nicht so radikal, wie eine Position zu beziehen oder einen Standpunkt zu vertreten, was als Titel für eine Demo aber genauso wenig überzeugen würde.

Was wollen die DemonstrantInnen also? Das man etwas gegen eine „Rückkehr des Nationalismus“ und einen „Rollback der Frauenrechte“ habe, erklärt die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs. Trump und Putin seien dafür mitverantwortlich, aber nicht alle Teilnehmer des G20-Treffens. Das lehne man als solches nicht ab. „Es ist okay, dass der Gipfel in Hamburg stattfindet“, sagt dazu Andreas Dressel, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Einer „Stärkung des liberaldemokratischen Modells“ will sein Grüner Amtskollege Anjes Tjarks mit der Demo erreichen.

Mit dabei sind auch Erz­bischof Stefan Heße, St.-Pauli-­Legende Ewald Lienen, Schauspielerin Marion Krach oder Hamburgs Exbürgermeister Ole von Beust – der allerdings als Einzelperson. Dem Rest der CDU war die Demo noch immer zu radikal. Sie verlangte in der Hamburgischen Bürgerschaft gar ein Bekenntnis zum G20-Gipfel. „Abgeordnete sollten im Parlament und nicht auf der Straße ihre Meinung zum G20-Gipfeltreffen sagen“, meint die Hamburger CDU.

SPD und Grüne blieben unbeeindruckt. Los geht es für sie nun am Samstag parallel zur G20-kritischen Großdemons­tration um 10.30 Uhr mit einem Gottesdienst in der Katharinenkirche, ab 12.30 Uhr startet die Demo von der Kreuzung Dovenfleet/Brandstwiete an der Elbe entlang zum Fischmarkt, wo sie in einem Familienfest münden soll. Die Route ist so gewählt, dass sie knapp unterhalb der vom rot-grünen Senat ausgerufenen Demoverbotszone entlangführt. In Diskussionen über Versammlungsfreiheit mussten sich die Organisatoren also nicht begeben. Obwohl sie das ja sogar unter sich selbst hätten ausmachen können.

Jean-Philipp Baeck