Nordkorea pokert

Pjöngjang knüpft nachträglich seine Zusage zur atomaren Abrüstung an eine vorherige Lieferung von Reaktoren

BERLIN taz ■ Nur einen Tag nach Unterzeichnung einer entsprechenden Erklärung, welche die Beendigung aller nordkoreanischen Atomprogramme beinhaltet, hat die Regierung in Pjöngjang dies gestern an die Erfüllung einer neuen Forderung geknüpft. „Die USA sollten erst gar nicht davon träumen, dass die Volksrepublik (Nordkorea) vor der Bereitstellung von Leichtwasserreaktoren ihre atomare Abschreckung abbaut“, hieß es laut dpa in einer Erklärung des Außenministeriums in Pjöngjang. Erst danach werde das Land, wie zugesagt, zum Atomwaffensperrvertrag zurückkehren und internationale Atominspektionen zulassen.

Nordkorea hatte die Forderung nach der Lieferung eines Leichtwasserreaktors bereits bei der Fortsetzung der Pekinger Sechsergespräche in der vergangenen Woche erhoben, nachdem es dies bis dahin nicht explizit formuliert hatte. Diese Forderung trug mit dazu bei, dass die Gespräche zu scheitern drohten. In dem am Montag unterzeichneten Kompromiss erklärten sich die sechs beteiligten Staaten – Nord- und Südkorea, die USA, Russland, China und Japan – bereit, zu einem späteren Zeitpunkt über den nordkoreanischen Wunsch zu sprechen. Die jetzt von Nordkorea erhobene Forderung, vor der Lieferung eines Reaktors gar nicht erst mit dem Abbau seiner Atomprogramme zu beginnen, gefährdet die am Montag getroffene Einigung. Deren Umsetzung hängt ohnehin von der schwierigen Einigung in Detailfragen ab, die ab November verhandelt werden sollen.

Die jetzt von Nordkorea nachgeschobene Forderung dürfte den Ruf des Landes als unglaubwürdiger Verhandlungspartner verstärken. US-Außenamtssprecher Sean McCormack erklärte, die Forderung entspreche nicht den Vereinbarungen. Das japanische Außenministerium nannte die Forderung „inakzeptabel“. China forderte alle Teilnehmer der Gespräche auf, ihre Zusagen einzuhalten. SVEN HANSEN