Die sommerlichen Verhältnisse zum Tanzen zu bringen

KonzertStatt Dub am See gab es für die Peaking Lights aus Los Angeles am Mittwochabend nur das Berghain im Regen

Falsches Wetter, falscher Ort. Draußen gab sich der Klimawandel mit einem dieser ewigen Sommerregen die Ehre; drinnen war die Kantine am Berghain, kein schlechter Ort, keinesfalls, aber für die Musik definitiv nicht der richtige. Denn die Peaking Lights aus Los Angeles muss man sich als heiße, tropische Sommermusik vorstellen. Als ambitionierte Hintergrundmusik für den exquisiten Strandclub. Als das perfekte Set für eine Veranstaltung wie „Dub im Park“ oder „Dub am See“ an einem trägen Sommersonntagnachmittag bei ungefähr 30° im Schatten.

Das liegt auch daran, dass das Ehepaar Indra Dunis und Aaron Coyes, das unter dem Namen Peaking Lights seit 2008 elektronische Musik macht zwischen „dubby“ und „dancy“, keinen großen Wert auf so etwas wie Performance legen. Sie bilden auch optisch das Verfahren ab: Es soll nicht um sie gehen, sondern um die Musik, und die soll dazu da sein, entweder den THC-Rausch zu unterstützen oder die sommerlichen Verhältnisse zum Tanzen zu bringen oder eben beides. In der gut gefüllten Kantine aber richtet sich der Blick unweigerlich immer wieder auf die beiden, die hinter einer langen Tafel stehend an ihrem Gerätepark schrauben und dabei beschwingt vor sich hin wippen.

Fleißige Entspanntheit

Aaron Coyes trägt ein weißes Wimmelshirt, einen Dad Bod und strahlt eine fleißige Entspanntheit aus, die ihm auch dabei hilft, die Zicken des großen Rechners mit Scherzen zu versehen. Seine Frisur ist passend lässig – vorne schütter, hinten zu lang. Ein Frickler und Soundmacher, der sein Glück gefunden hat. Indra Dunis hat sehr lange Haare, die sie mal rechts und mal links herum schaukeln lassen kann, und eine irgendwie sehr charmante Art, das Mikro zu halten. Ihre Stimme ist nicht besonders ausdrucksstark, weswegen sie gern in der Musik verschwindet, meist Ein- bis Zweizeiler wiederholt und gern mit allen möglichen raumgreifenden Effekten verstärkt wird. Ihr Gesang ist dazu nicht wirklich einfallsreich – passt aber zu der Musik, die meist auf einem schier endlosen Loop Klang­tiefen variiert und mit Perkussionselementen spielt; psychedelischer Dub House, melodisch etwas langweilig, dafür mit guten Vibes und eben sehr, sehr tiefenentspannt. West Coast.

Je nach Rechnung haben die beiden inzwischen acht Alben veröffentlicht. Das letzte heißt „The Fifth State of Consciousness“, ein Doppelalbum, veröffentlicht auf ihrem eigenen Label. Ganze drei Jahre sind vergangen seit dem Vorgänger „Cosmic Logic“, das noch auf Weird World erschien, was nicht nur an Umzug und Babypause lag – das Ehepaar hat inzwischen zwei Kinder, was sie nicht nur in dieser Zeitung mit neubürgerlichen Tendenzen in Verbindung brachte: „Die weltentrückte Naturverbundenheit und der Hang zum Mystizismus ließen den Vorwurf aufkommen, Peaking Lights seien die musikalische Speerspitze einer im Hippiegewand auftretenden neuen Ökobürgerlichkeit“, schrieb Julian Jochmaring schon damals (taz vom 8.6.2012). So ganz von der Hand zu weisen ist diese Analyse nicht.

Rein musikalisch haben sich Peaking Lights inzwischen aber mehr in Richtung „dancy“ bewegt, und hier und da gelingen ihnen hübsch eingängige Popnummern. Vergleiche von Chrome bis Can, Adrian Sherwood und Norman Cook über die Residents (man könnte auch vergessene Laptopbands wie I Am the World Trade Center oder die High Places nennen) lassen sie dabei ebenso hinter sich wie die eigene Vergangenheit in Hardcorebands und die zahlreichen Umzüge quer durch die USA.

„All the sun there shines for you“, heißt es in ihrem Laid-Back-können-einpacken-Stück „All The Sun That Shines“, das sie hier auch gleich zu Beginn spielen. Ihr Bestimmungsort ist Kalifornien. In Berlin ist es für diese Jahreszeit und diese Musik zu kalt. René Hamann