Trauerfeiern

Helmut Kohl reist ein letztes Mal durch Europa. Politiker gedenken seiner als „Gigant“. Bürger dürfen vom Straßenrand aus zusehen

Helmut Kohls letzter Akt

Europa Juncker würdigt den früheren Bundeskanzler als „Monument“

STRAßBURG/SPEYER afp | Mit dem ersten europäischen Trauer­akt in Straßburg, einem Trauerzug durch seine Heimatstadt Ludwigshafen und einem Requiem im Dom von Speyer nahmen Spitzenpolitiker und Wegbegleiter am Samstag Abschied von Helmut Kohl.

Im Europaparlament in Straßburg versammelten sich am Morgen amtierende und frühere Staats- und Regierungschefs. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker würdigte Kohl als „Nachkriegsgiganten“ und „kontinentales Monument“. Juncker war eine der treibenden Kräfte hinter dem europäischen Trauerakt in Straßburg.

Auch die anderen prominenten Redner erinnern an die Verdienste des „Vaters der deutschen Einheit“ und „Ehrenbürgers Europas“: EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, der frühere spanische Regierungschef Felipe González, Ex-US-Präsident Bill Clinton, der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedjew, der französische Staatschef Emmanuel Macron und schließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel treten nacheinander ans Rednerpult hinter dem mit einer Europaflagge bedeckten Sarg.

Merkel als letzte Rednerin erlaubt sich kritische Töne über den Machtmenschen und einstigen Übervater ihrer CDU, von dem sie sich nach der Partei­spendenaffäre distanziert hatte. „So manche Geister schieden sich an ihm, nicht wenige haben sich an ihm abgearbeitet und gerieben“, sagt die Bundeskanzlerin. „Viele von uns, auch ich, können davon erzählen.“ All dies aber „tritt zurück hinter dem überragenden Lebenswerk“.

Mit bewegter Stimme dankte Merkel am Ende ihrer Traueransprache Kohl für die „Chancen“, die er ihr persönlich, aber auch generell den Deutschen und Europäern gegeben habe. „Jetzt ist es an uns, Ihr Vermächtnis zu bewahren.“

Merkel ist es auch, die in ihrer Rede an Kohls 2001 verstorbene Ehefrau Hannelore erinnert, die den Kanzler „in guten wie in schlechten Zeiten“ begleitet habe. In der ersten Reihe im Plenarsaal sitzt derweil die Witwe Maike Kohl-Richter. Die beiden Söhne des Altkanzlers wurden weder in Straßburg noch später bei dem Requiem in Speyer gesehen. Der ältere Sohn, Walter, hatte sich einen deutschen Staatsakt gewünscht, den die Witwe aber ablehnte.

Vor den Feierlichkeiten in Speyer wird der Sarg des verstorbenen Altkanzlers nach Ludwigshafen geflogen, anschließend werden die sterblichen Überreste Kohls am Rhein auf ein Schiff gebracht, das von dort nach Speyer fährt. Auch zum Requiem im dortigen Dom kommen zahlreiche Spitzenpolitiker.

Nach einem militärischen Ehrengeleit auf dem Domplatz wurde Kohl im engsten Kreis auf dem alten Stadtfriedhof von Speyer beigesetzt.