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Kurzkritik: Benno Schirrmeister über Heinrich Germers Kriegsfoto-BuchOpas großes Abenteuer

Schlimm war der Krieg, so viel steht fest. Und von der allenfalls mäßigen Begeisterung für den Soldatendienst ist beim Bremer Gärtner Heinrich Germer, der 1940 mit 19 Jahren in die Wehrmacht eingezogen wird, später keine Spur. Schon 1945 ist er nur „froh, dass ich heil und gesund aus diesem schrecklichen Krieg […] herausgekommen bin“, wie er in seinem Buch „Bilder einer verführten Jugend“ schreibt.

Aber nicht jedem ist es gegeben, den Schrecken, den er erlebt, und das Grauen, das er erfahren hat, so festzuhalten, dass es sich auch mitteilt. Germer hat während seines Einsatzes an der Ostfront fleißig mit seiner Kleinbildkamera Kodak Retina Typ 117 fotografiert. Und die Filme hat er dann seinerzeit zum Entwickeln per Feldpost nach Hause geschickt. Das haben viele Soldaten so gemacht, die Bezeichnung „Knipser“ soll genau in diesem Umfeld entstanden und populär geworden sein.

Warum sich der Bremer Kellner Verlag entschieden hat, aus den etwa 800 Fotos von Germer knapp 500 in einem chronologisch geordneten Buch zu reproduzieren, erschließt sich jedoch nicht. Denn Germers Bilder sind nur selten aussagekräftig, und nur die wenigsten berühren – wie der Schnappschuss von einem ausgebrannten sowjetischen Spähpanzer, dessen Fahrer neben dem Wrack liegt, Gesicht zu Boden, die Beine angewinkelt, tot.

Dokumentarischen Wert – aber für eine Auswertung ist die Präsentation zu unsystematisch und oft die Perspektive zu ungünstig gewählt – können Germers Aufnahmen von Gräbern haben. Als gelernter Gärtner war Germer zuständig dafür, sie auszuheben: Manche Namen lassen sich entziffern und im Band sind die Bestattungsorte bestimmt. Nah dran ist Germer bei der chaotischen Querung der Luga in Nordwestrussland: Trümmer, Rücken und im Schlamm festgefahrene Fuhrwerke.

Die Mehrzahl der Bilder zeigt jedoch zufrieden posierende Kameraden, mal vorm selbstgebauten Bunker, mal beim gemütlichen Biwakieren, mal beim Ordensempfang. Und im Herbst 1942 wird die Einheit zu Germers großem Glück nach Norwegen verlegt, wo dann Fjordfahrten, ein Bergen-Ausflug, Langlauftouren und – idyllisch – Sonnenbäder mit Hundewelpen vor der Mannschaftsbaracke eher den Eindruck eines bewaffneten Tourismus wecken, als an das Morden erinnern, an dem man teilnimmt: Die Fotos wirken wie Bilder aus dem Ferienlager für Jungmänner.

Dieses Buch, diese Bilder sind zweifellos eine Sammlung persönlicher Erinnerungen, von einer Person allerdings, die lediglich im Strom der Geschichte mitgeglitten ist. Als individuelles Zeugnis haben sie familiären Wert. Aber keine historische Relevanz.

Heinrich Germer: Bilder einer verführten Jugend. Der Russland-Feldzug aus der Sicht eines 19-Jährigen, Kellner-Verlag 2017, 222 Seiten, 18,90 Euro

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