Nach dem CDU-Ja zu Tegel: Rot-Rot-Grün ist not amused

Volksentscheid Grüne und Linke kritisieren Populismus. Entwurf für längere U7 soll kommen

Zufall, Vorsehung, Strategie? Ausgerechnet einen Tag nach dem CDU-Ja zur Offenhaltung des Flughafens Tegel hat der rot-rot-grüne Senat nicht im Roten Rathaus getagt, sondern bei denen, die mal von der Schließung des Flughafens profitieren sollen: In der Beuth-Fachhochschule im Wedding war bei einem Rundgang vom Dach aus sogar der Flugbetrieb fünf Kilometer weiter westlich gut zu sehen. Dort soll künftig ein Teil der Hochschule im jetzigen Terminal zu Hause sein. Bei einer Pressekonferenz wenig später waren für Vizeregierungschef Klaus Lederer (Linkspartei) knapp dreieinhalb Monate vor dem Volksentscheid am 24. September Gut und Böse klar verteilt: „Die Bruchlinie verläuft zwischen Nostalgie und Verantwortungslosigkeit und Zukunftsorientierung und Verantwortung.“

Linke: „Verantwortungslos“

Gleich alle drei führenden Köpfe der Koalition setzten sich im alten Maschinensaal der Beuth-Hochschule unter grünen Stahlbögen vor die Journalisten. Dort aber sprachen sie deutlich weniger über die FH, die künftig gut ein Fünftel ihres Betriebs nach Tegel auslagern soll, als über die für den Senat immer schwieriger werdende Abstimmung über den Flughafen. Erst am Montag hatte die CDU das Ergebnis einer Mitgliederbefragung vorgestellt, laut dem 83 Prozent für einen Weiterbetrieb des Flughafens stimmten.

Regierungschef Michael Müller (SPD) beharrte auf der Auffassung, dass „es Rahmenbedingungen gibt, die einen Weiterbetrieb nicht ermöglichen“. Sein Vize Lederer hielt der CDU „völlig verantwortungsloses populistisches Handeln in der Opposition vor“, und Ramona Pop (Grüne) als zweite Müller-Stellvertreterin warnte davor, die Abstimmung über die Offenhaltung mit einer Abstimmung über den Senat und die Skandalbaustelle BER zu verwechseln.

Nach mehreren solcher hörbar verärgerten Äußerungen über den bisherigen Erfolg der von der FDP angestoßenen Offenhaltungs-Initiative – die doch aus Sicht der Koalition so populistisch und durchschaubar ist – überraschte Müller mit einer konkreten Ankündigung. Angesprochen auf eine Äußerung im taz-Interview zu einer möglichen Verlängerung der U7 von Rudow Richtung BER, kündigte Müller eine Vorlage der Verkehrsverwaltung in den nächsten Wochen zu diesem Thema an. Der Senat wolle deutlich machen, „dass wir natürlich sehr sensibel wahrnehmen, was die Leute an Tegel schätzen“, sagte Müller. Wobei er zur angeblichen guten Erreichbarkeit und vielgeschätzten Nähe Tegels anmerkte, dass der Flughafen gerade mal über eine Buslinie und eine Stichstraße zu erreichen ist.

Eine steuerfinanzierte Kampagne des Senats, beim Volksentscheid mit Nein zu stimmen, wird es laut Lederer nicht geben. Stattdessen sollen die Regierungsmitglieder bei jeder Gelegenheit für die Schließung und die folgende Nutzung durch Wohnungsbau, Unternehmensansiedlungen mit 20.000 Jobs und die Beuth-Hochschule werben. Genauso deutlich lehnte es Lederer ab, vor dem Volksentscheid eine BER-Eröffnung anzukündigen, um bei jenen zu punkten, die die jahrelange Verzögerung dort zu einem Ja für Tegel treibt: Bevor man da nicht ganz sicher sei, „wird kein Termin in die Welt geblasen“.

Stefan Alberti