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Die Neben-Romy

Jessica Schwarz spielt „Romy“ (20.15 Uhr, ARD) und raucht dabei sogar die Zigaretten wie sie. Ein Film, der viel Vorwissen verlangt

„Romy“ ist ein Fernsehfilm in Kinoformat, aber er will manchmal zu viel

VON DANIELA ZINSER

Es ist ein Spiel mit den Erwartungen. Will ich die Sissi sehen oder die vor den deutschen Klischees nach Frankreich geflohene „la Schneider“, die leidenschaftliche Charakterdarstellerin oder die von Zweifeln zerfressene Frau? So oder so, die Erwartungen werden enttäuscht – und Romy Schneider ein wenig befreit.

„Romy“, der erste Spielfilm über ihr Leben, das 1982 mit 43 Jahren endete, versucht wiedergutzumachen, was der Schauspielerin an Zuschreibungen, Vorwürfen, Zwängen wiederfuhr. Eine Skizze soll er sein, sagt Regisseur Torsten C. Fischer. Es ist ein Mosaik aus Erfolgen, Abstürzen, Ängsten und Emotionen, und Jessica Schwarz setzt als Romy die Teile zusammen. Sie imitiert nicht, nicht einmal das Rauchen einer Zigarette, die vielleicht einfachste Nachahmgeste, wirkt abgeschaut. Vielmehr erschafft Jessica Schwarz eine Art abstrakte Neben-Romy aus ihrer Interpretation, ihrem Gefühl. Das bewahrt sie vor dem Vorwurf, doch nie Romy Schneider sein zu können – und dieses Überbandespielen eröffnet Raum, nicht nur die Medienromy zu sehen, die präsent ist aus so vielen Filmschnipseln und Fotos.

Der Zuschauer betrachtet Romy, schwer nierenkrank, im Hospital und von Fotografen verfolgt, in Beziehungssplittern mit ihrer Lebensliebe Alain Delon, im Kampf um die Anerkennung in Deutschland, im Versuch, mit ihrem Ehemann Harry Meyen, Hausfrau und Mutter zu sein und in der Angst zu versagen, die sie bekämpft mit Alkohol und Tabletten. Alles schwingt mit dabei, Schwermut, Lebensdurst, Sinnlichkeit, Bedingungslosigkeit und eine Ahnung von ihrer betörenden Ausstrahlung.

Großen Raum nimmt ihr Verhältnis zum vergötterten Vater ein und zur Mutter Magda (Maresa Hörbiger), der sie die Nähe zu Hitler samt Teestunde auf dem Obersalzberg vorwirft und deren zweiter Mann (Heinz Hoenig) die junge Romy sexuell bedrängt – hier interpretiert der Film. Ebenso in Schneiders Ehe mit Meyen (Thomas Kretschmann), dem Berliner Boulevardtheatermann und von den Nazis verfolgten Halbjuden, den die Vergangenheit hat bitter werden lassen. Überproportional weit holt der Film in dieser Beziehungsgeschichte aus. Vielleicht weil Meyen noch vor Romy starb und nicht mehr klagen kann – anders als Alain Delon und Daniel Biasini, die beiden anderen wichtigen Männer in Romys Leben.

„Romy“ ist ein Fernsehfilm in Kinoformat mit tollen Bildern, einer mitreißenden Handlung, der manchmal aber zu viel will. Er setzt in der Kindheit an, zwei junge Schauspielerinnen geben die Romy, bis Jessica Schwarz übernimmt. Viel ist da hineingepackt in die gut 100 Minuten, vor allem gegen Ende nimmt das Skizzenhafte überhand und lässt alle, die keine Romy-Schneider-Biografie auf dem Nachtisch liegen haben, eher ratlos zurück. Daniel Biasini, der zweite Ehemann, ist nur eine namenlose Randfigur, der Tod des Sohns nur angerissen. Da hilft wohl die Dokumentation im Anschluss weiter. Aber, wie gesagt, es ist eine Frage der Erwartungen.

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