Linke im Dilemma

BERLIN dpa/ap/taz ■ Was sich die Parteien bislang noch nicht trauen, hat nun Jürgen Peters getan. Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall hat die SPD aufgefordert, die bestehende linke Mehrheit zur Bildung einer Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linkspartei zu nutzen. „Natürlich muss die SPD etwas damit anfangen. Das ist sie denen schuldig, die sich insgesamt für sie entschieden haben“, sagte Peters der Leipziger Volkszeitung.

Nach der Absage der Wähler an ein „neoliberales Weltbild“ müsse nun eine Regierung her, die Politik im Interesse der Arbeitnehmer mache, forderte Peters. Allerdings räumte er ein, dass es wegen der „handelnden Personen schwierige bis fast unmögliche Hindernisse“ für ein solches Bündnis gebe.

Erste Abgeordnete der Linkspartei erklärten sich gestern bereit, Rot-Grün unter Umständen zu tolerieren und Gerhard Schröder bei einer Kampfabstimmung gegen Angela Merkel zu unterstützen. „Das ist die angenehmste Variante einer Regierungsbildung“, sagte der frühere NRW-Chef der WASG, Hüseyin Aydin, der taz.

In dieser Konstellation könne man die „beste Politik für Arbeitnehmer“ machen. Voraussetzung sei allerdings, dass die SPD der Linkspartei bei den Themen Hartz IV, Mindestlohn und Erhöhung des Spitzensteuersatzes entgegenkomme. Laut Spiegel Online haben neben dem Duisburger IG-Metall-Funktionär drei weitere Linkspartei-Abgeordnete eine Tolerierung nicht ausgeschlossen. Bodo Ramelow, Wahlkampfmanager der Partei, pfiff die vier jedoch umgehend zurück. Er kündigte einen Fraktionsbeschluss gegen eine Tolerierung an.

Auch für SPD und Grüne kommt eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei weiterhin nicht in Frage. Nach einem ersten Sondierungsgespräch der beiden Parteien sprach sich SPD-Chef Franz Müntefering dafür aus, sich weiter um eine Ampelkoalition mit der FDP zu bemühen. Müntefering forderte FDP-Chef Guido Westerwelle erneut zu Gesprächen auf. „Wer sich verweigert, verweigert sich dem, was Demokratie von Politikern erwarten muss.“

Die Grünen stehen einer Zusammenarbeit mit der FDP jedoch weiter skeptisch gegenüber. „Westerwelle personifiziert den politischen Machtanspruch von Marktliberalen“, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer. „Mit einer solchen Politik können wir nicht, und da gibt es auch keine Kompromisse.“

Vier Tage nach der Wahl wird damit immer deutlicher, dass weder die Ampel noch eine Jamaika-Koalition ernsthafte Optionen darstellen. Sowohl CDU-Chefin Angela Merkel als auch CSU-Chef Edmund Stoiber warnten davor, sich auf ein Dreiparteienbündnis mit den Grünen festzulegen. Merkel bleiben damit voraussichtlich nur noch zwei Wege zur Kanzlerschaft: eine große Koalition und eine Minderheitsregierung mit der FDP. Mit Liberalen wie mit SPD kommt sie heute für Sondierungsgespräche zusammen. KAN