Kein grünes Licht für Lobbytransparenz

RegierungDer Verein LobbyControl zieht negative Bilanz der schwarz-roten Bundesregierung

„Die schwarz-rote Regierung hat bei der Lobbykontrolle politisch versagt“

BERLIN taz | Unter dem Motto „aussitzen statt anfangen“ hat der gemeinnützige Verein LobbyControl am Mittwoch in Berlin seinen Lobbyreport über die Große Koalition vorgestellt. Fazit: Lobbyismus ist in Deutschland weitgehend intransparent und schlecht reguliert.

„Schwarz-Rot hat bei der Lobbykontrolle versagt“, sagte Imke Dierßen, politische Geschäftsführerin von LobbyControl. Die Union habe notwendige Reformen blockiert und der SPD sei die Lobbyregulierung nicht wichtig genug gewesen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben seien umgesetzt worden, jedoch ohne den nötigen Biss. LobbyControl fordert ein verpflichtendes Lobbyregister, eine transparente und regulierte Parteienfinanzierung, die Neuregelung der gesetzlichen Regelungen zur Abgeordnetenbestechung und neue gesetzliche Karenzzeiten.

Im Bericht gibt es sechs Handlungsfelder, die LobbyControl nach einem Ampelsystem bewertet: Grün bedeutet, dass in diesem Bereich kein Handlungsbedarf vorhanden ist. Bei Orange gab es leichte Verbesserungen, aber es sind noch weitere Maßnahmen nötig. Rot heißt, dass großer Handlungsbedarf besteht, es keine Regelungen gibt oder die bisherigen schlecht sind. In den sechs Bereichen vergab LobbyControl dreimal Gelb und dreimal Rot. „Im Bericht 2015 haben wir von einem langsamen Fortschritt gesprochen, dieser ist jetzt zum Stillstand gekommen“, so ­Dierßen.

In Berlin arbeiten nach Angaben von LobbyControl täglich mehrere tausend Lobbyisten. „Seitens der Behörden und Parteien gibt es ein mangelndes Problembewusstsein mit dem Umgang der Lobby“, sagte Timo Lange, Autor des Berichts. Skandale wie „Rent-a-Sozi“, „Dieselgate“ und „Cum/Ex“ hätten einen finanziellen Milliardenschaden angerichtet. Der allgemeine Schaden sei jedoch viel höher: „Solche Skandale zerstören das Vertrauen der Bevölkerung in politische Institutionen, unsere Demokratie steckt in einer tiefen Krise“, so Dierßen. Diese hätten auch den Aufstieg des Rechtspopulismus gefördert und seien Steilvorlagen für Protestwähler. „Das Pflichtenheft der neuen Regierung ist gut gefüllt“, resümiert Lange.

Ein Beispiel für das mangelnde Problembewusstsein der amtierenden Bundesregierung: Angela Merkel ernannte Anfang April als Bundestagswahlkampfmanager Joachim Koschnicke. Davor war dieser in der freien Wirtschaft tätig, wechselte dann zur CDU, danach zu Opel. Laut LobbyControl war er in den „Dieselgate“-Skandal verwickelt. Laura Weigele