heute in bremen
: „Dann soll es die Party sein“

Alles für alle Getanzt und diskutiert wird auf dem „Her mit dem schönen Leben“-Festival

Anna Fischer

:

20, ist Mitglied bei der Linksjugend [’solid] und MitorganisatorIn des Festivals „Her mit dem schönen Leben“.

taz: Frau Fischer, die Linksjugend [solid] ist für politische Aktionen bekannt – jetzt veranstalten Sie ein Festival. Ist das noch politische Arbeit?

Anna Fischer: Politische Arbeit beginnt nicht erst in den Parlamenten, sondern auch an der Basis, den Lebenswelten einzelner Menschen. Dazu gehören u. a. Erfahrungen von Diskriminierung und Sexismus. Mit dem Festival wollen wir einen Raum schaffen, der frei von diesen Dingen ist, was an sich schon ein politisches Statement ist. Zugleich wollen wir damit Menschen erreichen, die sich wenig mit diesen Themen auseinandergesetzt haben. Und wenn das über eine Party funktioniert, dann soll es die Party sein.

Neben Live-Konzerten bieten Sie aber auch Workshops an, nur gefeiert wird also nicht.

Das stimmt. Wir arbeiten dafür mit verschiedenen Gruppen zusammen, u. a. mit dem Verband der Studierenden aus Kurdistan. Ihr Workshop thematisiert eine Alternative zum Patriarchat und zur Ausbeutung, wie sie etwa in Rojava gelebt wird. Das Mädchen*zentrum aus Gröpelingen hat einen Workshop für Mädchen*/Frauen* organisiert, indem sich über das ausgetauscht wird, was ihnen täglich passiert. Das kann lustig, frech und ernst sein, aber auch problematisch, wie etwa erlebte Übergriffe.

Mit Gröpelingen haben Sie einen strukturschwachen Stadtteil ausgesucht. Hatte das einen Grund?

Wir wollten gezielt was in Gröpelingen machen, da sich politische Gruppen hier noch nicht besonders einbringen. Das möchten wir gemeinsam mit anderen Organisationen und den Menschen vor Ort ändern. Wir halten es für wichtig, nicht nur in den frequentierten Stadtteilen wie das Viertel oder die Neustadt aktiv zu sein. Sondern auch in den Gebieten, die nicht zentral sind. Langfristig planen wir, auch eine Basisgruppe in Gröpelingen aufzubauen.

Das Festival ist also nicht nur ein kleiner Abstecher in den Bremer Hafenbezirk?

Nein. Wir wollen hier nicht hin, um dann wieder abzuhauen, sondern mit den ansässigen Menschen zusammenarbeiten. Dafür haben wir das Festival vielfältig konzipiert. Es gibt während der Workshops einen Graffiti-Kurs, bei dem sich im Sprayen ausprobiert werden kann und zugleich das Gelände verschönert wird. Zudem kochen und essen wir alle gemeinsam – der Tag wird also möglichst gemeinsam gestaltet.

Versprechen Sie sich davon Effekte, die über das Festival hin­auswirken?

Natürlich. In erster Linie ist das Festival aber auch ein Versuch nachzusehen, ob für solche Strukturen überhaupt Bedarf besteht und ob wir hier erwünscht sind.

Interview Florian Schlittgen

15 Uhr, Torhaus Nord, Liegnitzstraße 63