Charmanter Einwurf

KonzertAlles hält sich an den Händen: The Sound of Money huldigen im Schokoladen anagrammatisch gewitzt den Sechzigernsamt Summer of Love

Irgendwas muss doch mit ­diesem Retro anzufangen sein, was Neues: Der Re-Ort, immer noch gut genug für ein Tor, er, Roter.

Althergebrachtes, in neuer Ordnung arrangiert. So funktioniert „More? Why Not!“ der Münchener Band The Sound of Money, der mit ihrer Konzeptplatte einer der charmanteren Einwürfe zum 50-jährigen Jubiläum des Summer of Love, den es gerade zu feiern gilt, gelungen ist.

Annonciert ist das Album als anagrammatischer Exorzismus der Sechziger. In ihren Titeln folgen die zwölf Lieder dabei den Titeln mehr oder weniger emblematischer Platten dieser Dekade wie „Pet Sounds“ von den Beach Boys, „Revolver“ von den Beatles, „Highway 61 Revisited“ von Bob Dylan. Nur dass man die Buchstaben halt in eine andere Reihenfolge gebracht hat: aus den „Pet Sounds“ werden „Nude Spots“, aus „Highway 61 Revisited“ „I Had 1680 Wives“.

Die Lieder selbst kommen dabei gar nicht in dem musikalischen Zungenschlag der gewürdigten Bands und Musiker daher. Überall bei dem Projekt von Claudia Kaiser (kann man von der Freundinnenband Moulinettes kennen) und Albert Pöschl (von Queen of Japan, Dis*ka oder Das Weiße Pferd), überall also hört man Querbeziehungen und ein Puzzeln mit dem Pop, mit Huldigungen an dem Blumenkinder-Pop. Die Bossa-Begeisterung der Epoche hat ihren Platz auf dem Album, es gibt Verneigungen vor dem Soul, psychedelische Abschweifungen und selbst diesen Alle-halten-sich-an-den-Händen-Folk, wie er mit Peter, Paul and Mary einen Riesenerfolg feierte in den Sechzigern.

Das alles kann man samt dem anagrammatischen Witz als einen Metadiskurs hören über die Möglichkeiten und Anregungen der Sechziger – und genauso gut als die pfiffigen Songs, die sie auch sind. Zumal sie hübsch verpackt wurden mit einem Gespür für Details mit den Bongos, Bläsern und Streichern, die neben dem rocküblichen Instrumentarium zu hören sind. Selbst eine Zither hat ihren Auftritt.

Das war auf der Bühne deutlich abgespeckt, nur die Geige war noch mit dabei, sodass die Lieder beim Konzert am Mittwochabend im Schokoladen – Auftakt einer klitzekleinen Tour zur Feier des Albums – etwas hühnerbrüstig und verhuscht daherkamen. Und manchmal einfach arg wackelig auf den Beinen. Fast wollte man den Musikern dabei helfen, sie auch sicher und wohlbehalten über die Straße zu geleiten. Weil es eben so grundsympathische Lieder sind.

Mit der Zeit aber hatte sich die Band doch warm genug und in Stimmung gespielt, um die Musik mit den neuerfundenen Sechzigern beschwingt ins Tanzen zu bringen.

Als Rausschmeißer spielten The Sound of Money noch, ganz ohne anagrammatische Neuordnung und das Original mit den hübsch auseinanderfallenden Partien respektierend, „Bike“ von Pink Floyd. Erschienen ist das auf deren Debütalbum im August 1967 – und gehört damit unbedingt zum Soundtrack des Summer of Love, dem im Schokoladen ganz charmant gehuldigt wurde.

Thomas Mauch