Berlinmusik
: No more Baller-Kicks

Es sei eben immer etwas dazwischengekommen, sagte T.Raumschmiere kürzlich in einem Interview, und mit „dazwischen“ meinte der Berliner Musiker: zwischen ihn und den Ambient-Sound. Dabei habe er diesen Stil schon immer gemocht, aber dann sei oft ein „Baller-Kick“ über ihn gekommen – und der Ambient-Track war perdu. T.Raumschmiere alias Marco Haas, der mit Tracks wie „Monstertruckdriver“ (2003) oder „Blitzkrieg Pop“ (2005) bekannt wurde und eine feste Größe in der Berliner Clubszene ist, hat man bis vor Kurzem tatsächlich vor allem mit Baller-Kicks in Verbindung gebracht. Heißt: mit knallendem Elektropunk auf die Zwölf und einer exzessiven Show.

Bei seinem selbst betitelten 2015er-Album hat er dann den Fuß schon deutlich vom Gaspedal genommen, und auch auf dem nun erschienenen neuen Album – er war einfach mal so frei, es „Heimat“ zu nennen – findet sich eher die ruhige Seite des Clublebens. Auf dem Werk, für das er zum renommierten Kompakt Label zurückkehrte, treffen Ambient, Chillout, Kraut, House und Techno aufeinander. Heraus kommen tatsächlich so etwas wie melancholische Tracks – ein Stück wie „Anima“ etwa mäandert mit wenigen Tönen schön vor sich hin, ehe ein leicht pochender Beat einsetzt. Auch bei „Wacker“ oder „Stoli“ scheint ein trauriges Grundrauschen unter allem zu liegen, das aber immer wieder gebrochen wird.

Auf „Heimat“ finden sich acht Stücke, zu denen man mehr ab- als ausschweift, die überwiegend eskapistisch und weich klingen. Gleichzeitig sind die Sounds abwechslungsreich und die Beats durchdringend genug, dass keine Langeweile aufkommt und das Album tanzbar bleibt. „Jaguar“ ist das (sommer-)hittauglichste unter diesen Stücken, da schraubt T.Raumschmiere einen re­petitiven Bat gekonnt mit ­flirrenden Sounds und Ex­perimentellem zusammen – das Interlude klingt dabei ein bisschen nach Flipper- oder Spielautomatengeräuschen. Zu dem Stück gibt es auch ein empfehlenswertes Video, da kann man mit Marco „Jaguar“ Haas hinausfahren ins Grüne und ein bisschen chillen. Er macht da unter anderem Bekanntschaft mit Zwergponys, klettert in den Bäumen herum oder sonnt sich einfach nur. Irgendwie gut zum Album passend, wie zurückgelehnt es da zugeht. Zumindest so lange, bis den Jaguar der Baller-Kick wieder übermannt.

Jens Uthoff

T.Raumschmiere: „Heimat“ (Kompakt Records), live wieder am 25. August im Prater