Abgehobener Auftritt

ELBPHILHARMONIE Intendant verweigert Programm-Debatte

Sie sind stets etwas irritierend, diese Abende mit Christoph Lieben-Seutter. Immer wieder vergeblich ist die Hoffnung, vom Intendanten der Hamburger Elbphilharmonie Konkretes zu hören. Nicht etwa über Orchester oder Solisten – wohl aber über die Philosophie des 2012 eröffnenden Hauses; über das Programm, das hoffentlich so klug konzipiert ist, dass es 2.150 Hörer generiert, die das 323 Millionen Euro teure Haus besuchen sollen – zusätzlich zur bereits existierenden Laeiszhalle mit ihren 2.000 Plätzen. Darüber also, wie neues Klassik-Publikum zu gewinnen ist und wie man ausnutzen könnte, dass sich Klassik-Fans häufig auch für Jazz und bestimmte Pop-Segmente interessieren. Und darüber, wie er Schwellenängste mindern will – soll die Elbphilharmonie doch ein „Haus für alle“ werden.

Da befremdet es, wenn Lieben-Seutter jetzt bei einer Diskussion des Hamburger Kulturforums elitär blieb: „Wir werden vorrangig Klassik spielen. Darauf ist der Saal ausgerichtet.“ Dabei hatte Carlo Fuortes, Geschäftsführer des „Auditorium“ in Rom, 2.742 Sitze, es zuvor geradezu souffliert: „Durch Diversifikation des Angebots“, durch „Jazz, Theater, Diskussionsveranstaltungen“ sei dort neues Klassik-Publikum gewonnen worden. Das hat in Rom allerdings auch deshalb funktioniert, weil es dort lange kein Konzerthaus gab und also keine Konkurrenz.

In Hamburg muss Lieben-Seutter gegen allerlei kommerzielle Konzertveranstalter antreten, und das zu moderaten Preisen. An diesem Dienstagabend aber blieben seine Ideen vage: „Wir müssen die Elbphilharmonie als Marke etablieren“, sagte er, „und vermitteln, dass Konzerte Spaß machen. Eine Seite auf Facebook aufmachen. Auch Pop und Weltmusik spielen.“

Verantworten wird der Intendant dabei nur ein Drittel der Konzerte. Auf das Residenzorchester etwa, die NDR-Sinfoniker, hat er keinen Einfluss. Und für Stars muss er Geld akquirieren oder sich Kooperationen wie den „Nordic Concerts“ andienen, die Künstler billiger bekommen.

Über diese Zwänge wie auch darüber, dass er zur Befüllung des Saals populäre Konzerte braucht, sagte der Intendant trotz Unmut im Publikum nichts – vielleicht aus Loyalität mit der Kultursenatorin, seiner Chefin. Diskussionen abzuwürgen allerdings, das steht dem Chef eines designierten „Hauses für alle“ nicht gut zu Gesicht. Erst recht nicht in Zeiten zunehmend hitziger Gentrifizierungs- und Kultur-als-Marke-Debatten. PS