: „Das Konzept Extremismus hilft nicht weiter“
Konferenz StipendiatInnen der Böckler-Stiftung wenden sich gegen den Extremismusbegriff, wie ihn auch die rechtspopulistische AfD für sich entdeckt hat
„Nicht zu fassen – Das Extremismuskonzept und neue rechte Bewegungen“, heißt die Konferenz, die StipendiatInnen der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung an diesem Wochenende veranstalten.
Am Freitagabend diskutieren zum Auftakt in Neukölln unter anderem die Thüringer Linken-Abgeordnete Katharina König und die als „Eichhörnchen“ bekannt gewordene Umweltaktivistin Cécile Lecomte über das Label „linksextrem“ und kritische Zivilgesellschaft. Los geht es um 19.30 Uhr im Refugio in der Lenaustraße 3.
Am Samstag geht es in der Technischen Universität mit verschiedenen Panels und diversen Workshops weiter: Etwa zu „Grundlagen des Extremismuskonzepts“, oder, für Fortgeschrittenere, zu „Antifeminismus von Rechts“. Sehr praxisnah: Der Workshop „Argumentationstraining gegen AfD & Co.“ Es gibt auch eine Kinderbetreuung. (mgu)
taz: Herr Padberg, welches Problem haben Sie mit dem Begriff Extremismus?
Kai Padberg: Aus unserer Sicht verhindert der Begriff oft eher die inhaltliche Auseinandersetzung, als dass er sie befördert. Zum Beispiel, wenn ich mich nicht mehr inhaltlich damit beschäftige, warum Menschen sich als Protest gegen Castortransporte an Gleise ketten, sondern das als Extremismus bezeichne und damit weg von der inhaltlichen Auseinandersetzung rücke.
Nazis als Extremisten zu bezeichnen ist aber in Ordnung?
Auch hier verhindert das Extremismuskonzept oft die inhaltliche Auseinandersetzung: Es reicht nicht, einfach nur zu sagen, jemand ist ein Nazi, weil er in einer offiziell als extremistisch eingestuften Partei Mitglied ist, etwa bei der NPD. Man muss sich auch deren Positionen anschauen – und wenn ich diese dann woanders wiederfinde, muss ich sie auch dort kritisieren, egal ob es dort ebenfalls den Extremismusstempel gibt oder nicht. Das Konzept Extremismus allein hilft da nicht weiter.
Sie spielen auf die Alternative für Deutschland (AfD) an. Die hat in diesem Jahr in Berlin selbst eine Konferenz zum Thema Extremismus veranstaltet – woher dieses Interesse?
Die AfD nutzt den Extremismusbegriff selbst sehr gerne, um ihre eigenen Positionen gesellschaftsfähig zu machen: Wenn nur ein Problem ist, was vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft wurde, kann die AfD die gleichen Positionen ungestraft verbreiten. Außerdem ist der Begriff natürlich gut geeignet, um Engagement gegen Rechts zu diskreditieren. Deshalb stellt die AfD im Abgeordnetenhaus auch so gerne Anfragen zum Thema Linksextremismus.
28, studiert Theaterwissenschaften und ist Stipendiat der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
Am Wochenende veranstalten Sie mit der Hans-Böckler-Stiftung eine Konferenz zu diesem Thema – an wen richten Sie sich dabei?
Unsere Konferenz ist für ein wissenschaftliches und aktivistisches Publikum gedacht, richtet sich aber auch an eine kritische Öffentlichkeit. Besonders zur Auftaktveranstaltung am Freitagabend laden wir alle ein, die mehr über die Konsequenzen des Extremismuskonzepts für politisches Handeln erfahren wollen.
Interview Malene Gürgen
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