Frauen an die Macht

Linkspartei-Frauen kritisieren Männerdominanz bei der Ämtervergabe – und fordern Frau als Bundestagsvize

BERLIN taz ■ Lange haben sie geschwiegen und sich in ihr Zweite-Reihe-Dasein gefügt. In fast letzter Minute nun protestieren die Linkspartei-Frauen: Der Wahlkampf sei „männerdominiert“ gewesen, klagen Evrim Baba, frauenpolitische Sprecherin der Berliner Linkspartei, und Elke Herer, Mitglied der überparteilichen Fraueninitiative.

Die Partei habe es versäumt „auch Frauen als Vertreterinnen der neuen Linken prononciert herauszustellen“, schreiben Baba und Herer in einem Brief an die Genossen, der der taz vorliegt. Den Frauenanteil an der Macht soll nun ein einflussreicher Posten sichern: „Wir fordern, dass für die Position einer Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags eine Frau nominiert wird.“

Die Linkspartei-Frauen sind erwacht. Sie bemerken, dass die Parteimänner den Wahlkampf fast ohne sie geführt haben – und die Spitzenposten inoffiziell längst unter sich verteilt haben. Nun mühen sie sich um Schadensbegrenzung in letzter Minute. Gestern Abend trafen sie sich zur Frauenrunde, einer Kurzabstimmung der Interessen, bevor sich dann heute die Bundestagsfraktion konstituiert.

Zwar sind 26 der künftigen 54 Linkspartei-Abgeordneten weiblich. In der Öffentlichkeit aber sind die vielen Parteifrauen bislang kaum in Erscheinung getreten. Eine Unterlassung, die die Wählerinnen abstraften: Weit seltener als Männer votierten Frauen für die Linkspartei.

Dies muss sich ändern, fordern Baba und Herer. Sie verweisen auf einen Parteigrundsatz: Demnach müssen Führungsposten und Gremien quotiert besetzt werden. Doch dass dies tatsächlich geschieht, ist unwahrscheinlich. Oskar Lafontaine und Gregor Gysi sind als Frontmänner unangreifbar – schon, weil auch der Proporz zwischen PDSlern und WASGlern gewahrt werden soll. Doch auch für die Position des Bundestagsvizepräsidenten, die Baba und Herer gern in Frauenhand sähen, gibt es einen mächtigen Mitbewerber. Als Favorit wird der Parteivorsitzende Lothar Bisky gehandelt. Setzen sich die Frauen durch, wäre größeres Umplanen erforderlich.

Kein Wunder also, dass die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch gegenüber der taz klare Festlegungen mied. Sie fände es „gut, dass sich die Frauen zu Wort melden“. Die Partei müsse sich überlegen, wie sie angesichts einer männlichen Doppelspitze Frauen angemessenen Einfluss sichert. Auf konkrete Namen und Positionen aber wollte sie sich vor dem Frauen-Treff am Abend nicht festlegen.

COS, R.A.