Sozis unter Verdacht

INITIATIVE Hamburgs Sozialdemokraten legen einen Antrag zur Stärkung des Ehrenamtes vor und müssen sich viele kritische Nachfragen gefallen lassen

■ Freiwilligenagenturen fehlen noch in den Bezirken Altona und Eimsbüttel. Im Bezirk Nord wird am morgigen Freitag ab 11.30 Uhr eine entsprechende Einrichtung am Alsterdorfer Markt im Beisein von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) eröffnet.

■ Finanziell gefördert werden bislang von Hamburg vor allem das Freiwilligennetzwerk Harburg und die neue Agentur im Bezirk Nord.

■ Exakt 208.000 Euro hat die Stadt für diesen Bereich pro Jahr zur Verfügung. Gesichert ist aber auch diese Finanzierung nur bis 2014.

Pressekonferenzen sind meist langweilige Veranstaltungen. Journalisten fragen kritisch, aber brav, Politiker antworten mal hölzern, mal etwas lockerer. Als die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Ksenija Bekeris und Doris Müller am Mittwoch eine „Freiwilligenstrategie für Hamburg“ vorstellen, aber sehen sie sich einer ganzen Kaskade von pointierten Nachfragen der Medienvertreter gegenüber.

Der ausgesprochene Verdacht: Die Initiative für die Aufwertung des Ehrenamtes, die die SPD jetzt in die Bürgerschaft einbringen will, diene nur dazu, die durch Sparmaßnahmen entstehenden Personallücken in der sozialräumlichen Arbeit der Bezirke und im Kinder- und Jugendbereich zu schließen. Vom „Verlust der sozialen Glaubwürdigkeit der SPD“ ist in der Runde die Rede.

Bekeris und Müller verwehrten sich gegen solche Unterstellungen. In der SPD-Initiative gehe es gerade nicht darum, weggebrochene Sozialarbeit durch erhöhtes Bürgerengagement kostensparend zu ersetzen. Ehrenamt und staatliche Ausgaben, aber auch Ehrenamt und Arbeitsmarkt müssten „sauber und eindeutig getrennt“ werden, sagte Bekeris.

Stattdessen komme es darauf an, in jedem der sieben Hamburger Bezirke eine Freiwilligenagentur zu etablieren und finanziell dauerhaft abzusichern, die das Ehrenamt koordiniert. Problem dabei: Statt sie finanziell abzusichern, gibt der Senat den Agenturen nur Zuschüsse, die derzeit bis 2014 begrenzt sind.

Und obwohl die Zahl der Agenturen stetig wächst, wachsen die Finanztöpfe, die mit insgesamt rund 200.000 Euro pro Jahr gefüllt sind, nicht mit. Sind heute schon rund 450.000 HamburgerInnen ehrenamtlich tätig, könnten es durch gezielte Ansprache auch im Social Media-Bereich, bessere Vernetzung, gezielte Fortbildungsangebote und eine verstärkte „Anerkennungskultur“ noch mehr werden. Besonders für Menschen mit Migrationshintergrund oder mit einer Behinderung, aber auch für Arbeitslose und bildungsferne Personen sollen die Zugangswege zu ehrenamtlicher Arbeit verbessert werden.

Als Partner sieht die SPD dabei das „Netzwerk Aktivoli“, mit dem die Sozialdemokraten den Antrag zusammen formuliert haben. Auch dessen Sprecherin Sabine Brahms betont, dass die Freiwilligenagenturen keine Personen an Organisationen vermitteln würden, bei denen der Verdacht bestehe, hier könnten mit ehrenamtlichem Einsatz Personallücken aufgefüllt werden. MARCO CARINI