Samthandschuhe ausziehen!

Umweltpolitik Donald Trump kehrt dem Pariser Klimaabkommen den Rücken. Die EU sollte ihn für diesen Vertrauensbruch hart belangen

Warum sollten wir nicht laut darüber nachdenken, die ­Konten des Trump-Clans einzufrieren?

von Bernhard Pötter

Syrien, Nicaragua, die Vereinigten Staaten von Amerika. Das sind die Länder, die beim Pariser Abkommen zum Klimaschutz nicht (mehr) mitmachen. Die Fälle sind unterschiedlich, aber alle Länder haben eines gemeinsam: Ihre Führung verachtet das Recht, denkt extrem kurzsichtig und will nur die eigenen Interessen durchsetzen. Und so sollte man sie nun auch behandeln.

Donald Trump hat alle Warnungen in den Wind geschlagen und kehrt dem Pariser Abkommen den Rücken. Gegen den Rat der Ökonomen, gegen die Warnungen seiner Militärs, gegen die Forderungen weiter Teile der US-Wirtschaft, gegen den Willen der meisten Amerikaner, ob in Nord oder Süd. Und gegen den Rest der Welt.

Das muss Folgen haben. Die anderen Staaten, allen voran Deutschland in enger Abstimmung mit Frankreich und auch Großbritannien, sollten die Samthandschuhe ausziehen und den diplomatischen Ton deutlich verschärfen. Da geht es nicht um Bestrafung oder billige Konfrontation. Sondern um die Klarstellung: Hier geht es nicht um irgendeinen Immobiliendeal, bei dem nach Herzenslust gepokert und betrogen werden kann, sondern um unser aller Zukunft. Das Pariser Abkommen sieht keine Sanktionen vor, wenn ein Land aussteigt. Das heißt aber nicht, dass es wegen eines solchen Vertrauensbruchs nicht belangt werden könnte.

Klimaschutz ist keine Ökomode, die man eben mitmacht oder nicht. Das Pariser Abkommen betrifft die Wirtschaft, die Sicherheit, die Gesundheit, das Überleben in weiten Teilen der Welt. Dem sollte unsere Reaktion Rechnung tragen. Internationale Gremien wie die Handelsorganisation WTO, die Klimarahmenkonvention UNFCCC, das Entwicklungsprogramm UNDP sollten die Mitgliedschaft der USA auf Eis legen – es wäre die angemessene Reaktion darauf, dass Washington ihnen versprochene Gelder vorenthält. Es wäre auch eine Antwort auf die kalte Verachtung, die Donald Trump für Anstand und Wahrheit zeigt. Er hat eine halbe Stunde geredet, um den „Ausstieg aus Paris“ zu begründen, und dabei eine Unwahrheit an die nächste gereiht. Wer so getrieben ist und wem Fakten dermaßen egal sind, der darf schon aus erzieherischen Motiven nicht erwarten, dass alle weiter mit ihm spielen wollen.

Die EU sollte sich an ihr diplomatisches Drohpotenzial erinnern, das entsprechend auch gegen Russland genutzt wird: die Botschafter zeitweilig zurückrufen, die Opposition in den USA politisch und wirtschaftlich stärken, aufmüpfige Bundesstaaten wie Kalifornien aufwerten – etwa als eigene Beobachter in denjenigen UN-Gremien, die die USA aussperren. Und warum nicht laut darüber nachdenken, die Konten des Trump-Clans einzufrieren? Natürlich ist das rechtlich unmöglich. Aber warum nicht das Unmögliche fordern, wenn das Mögliche darin besteht, sich aus der Weltgemeinschaft zu verabschieden.

Und wenn schon die Bierzeltbemerkung der Kanzlerin, man könne nicht mehr allen trauen, weltweit und vor allem in den USA für solche Schockwellen sorgt – was wäre der Effekt, würde sie als Gastgeberin der G 20 den großen Zampano dieser Treffen, den US-Präsidenten, offiziell für Hamburg ausladen? Die Regierung mag das wie am Freitag auf taz-Anfrage als „absurde Idee“ bezeichnen. Aber ist es weniger absurd, beim Treffen der 19 wichtigsten Länder auf den einen einzureden, der sich bockig stellt? Selbstverständlich sind auch die anderen 19 Länder mehr oder weniger schlimme Klimasünder. Aber Trump ist gerade mit großem Genuss vom Glauben abgefallen und aus der Kirche ausgetreten. Sollten wir ihm da nicht zeigen, dass sein Platz draußen vor der Tür ist?

Das würde alles nichts bringen, heißt es. Das Gegenteil ist richtig. Es brächte hier und in den USA eine heftige Debatte über Werte und Verantwortung. Also über das, was Donald Trump jeden Tag mit Füßen tritt. Und es garantiert auch Wählerstimmen: Gerhard Schröder hat sein Widerstand gegen den Irakkrieg, den George W. Bush ebenfalls mit Fake Facts begründete, zur Wiederwahl verholfen.