Plötzlich haben sich China und die EU lieb

Handel Bisher hatte der China-EU-Gipfel kaum Bedeutung. Doch nun gibt es Präsident Trump

Deutsche fürchten eine chinesische E-Auto-Quote Foto: F.: Kim Kyung Hoon/reuters

PEKING taz | Keine roten Teppiche bei der Ankunft auf dem Flughafen, auch keine mit Blumen gesäumten Alleen – als beim letzten China-EU-Gipfel vor einem Jahr EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Peking kamen, blieb der sonst bei Besuchen von ranghohen Staatsgästen in China übliche Pomp aus.

Auch die Ergebnisse der zweitägigen Verhandlungen mit Chinas Premierminister Li Keqiang waren mager. Die Gipfelteilnehmer würden sich für ein „Investitionsabkommen einsetzen“. Gleiches gelte für Entwicklungshilfe oder Klimawandel“. Nicht einmal die Chinesen widmeten dem Gipfel viel Aufmerksamkeit – zu uneins sind die EU-Länder, zu vage die Beschlüsse.

Doch dieses Mal könnte der China-EU-Gipfel an Bedeutung gewinnen. Nach dem gescheiterten G-7-Gipfel am letzten Wochenende, auf dem Trump von Klimaschutz über Flüchtlinge bis hin zum Freihandel alles blockierte, rücken China und Europa nun zusammen.

Die Beziehungen zwischen China und Europa seien nicht immer einfach gewesen, schreibt Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Doch in Zeiten des weltweit zunehmenden Protektionismus sei es umso wichtiger, dass die Chinesen und Europäer an einem Strang ziehen. „China und Europa sollten daher zusammenarbeiten.“

Vor dem Gipfel stattete Premier Li am Mittwoch Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin einen Besuch ab. Dabei gibt es auch zwischen China und den Europäern Krach. Die chinesische Führung wurmt es, dass die Europäische Union die Volksrepublik bis heute nicht als Marktwirtschaft anerkennt. Solange China dieser Status verwehrt bleibt, ist es den EU-Ländern erlaubt, chinesische Importgüter mit Antidumping-Schutzzöllen zu belegen.

Als China vor 15 Jahren der Welthandelsorganisation beitrat, hatten die Industrieländer in Aussicht gestellt, diesen Status bis spätestens Ende 2016 zu erteilen, damals noch in der Annahme, dass sich die Volksrepublik bis dahin schon zu einer freien Marktwirtschaft entwickeln würde. Doch zuletzt sind die Zweifel gewachsen.

Wegen Trump rückt der Streit zwischen China und EU inden Hintergrund

Derzeit häufen sich die Klagen, dass Chinas Unternehmen mit einer massiven Überproduktion von Stahl, Kohle und Solarpanelen die Weltmärkte überschwemmen. Das EU-Parlament verweigert bislang seine Zustimmung. China hatte 2016 noch mit Gegenmaßnahmen gedroht, falls die EU sich bis Jahresende nicht bewegt. Diese Frist ist abgelaufen. Doch im Zuge der Wahl von Trump zum US-Präsidenten, der wegen Chinas exorbitanten Überschüssen im Handel mit den USA den Chinesen mit viel höheren Strafzöllen droht, ist der Streit zwischen China und der EU in den Hintergrund gerückt. Beim Gipfel in Brüssel am Donnerstag will China dieses Thema wieder auf die Tagesordnung setzen.

Und plötzlich scheint der Marktwirtschaftsstatus kein Problem mehr zu sein. Außenminister Sigmar Gabriel sagte vergangene Woche bei seinem Besuch in Peking, diesen Status bekomme China als WTO-Mitglied ohnehin. Die EU würde sich künftig im Einzelfall mit neuen Schutzmechanismen gegen Dumpingpraktiken wehren. Bei seinem letzten Peking-Besuch vor nicht einmal einem Jahr klang er noch sehr viel aggressiver. Felix Lee