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Keine Ruhe im Skandal-Heim

Fliegender Wechsel Das wegen skandalöser Mängel 2015 fast geschlossene Pflegeheim in Kirchhuchting hat schon wieder einen neuen Betreiber

Das skandalumwobene Pflegeheim in Kirchhuchting hat einen neuen Besitzer. Der bisherige Betreiber Curata wird somit nach nur knapp eineinhalb Jahren schon wieder abgelöst: Von der WH Care Holding GmbH.

Wegen der Mängel in Hygiene, Versorgung und Dokumentation wäre das Pflegeheim Ende 2015 fast von der Heimaufsicht geschlossen worden. Laut Behörde bestand für die BewohnerInnen damals eine „schwerwiegende Gefahr für Leib und Leben“. Die drohende Schließung unter Protest der BewohnerInnen konnte nur in letzter Minute durch einen Betreiberwechsel verhindert werden.

Eine wirklich gute Einrichtung ist das Heim in Kirchhuchting auch danach nicht geworden. Trotz des Wechsels hatte die Heimaufsicht einen Aufnahmestopp verhängt und danach die Einrichtung in fast wöchentlichen, auch unangekündigten Kontrollen eng überwacht. Später kon­trollierte sie zumindest monatlich. Bernd Schneider, Sprecher des Sozialressorts, sagt: „Es war keine Spitzeneinrichtung. Sie ist nicht ohne Beanstandung gelaufen, aber immer in enger Begleitung auf einem Niveau, dass man die Einrichtung nicht schließen musste.“

Laut Informationen der taz wurde die Belegschaft bei dem jetzt erfolgten abermaligen Wechsel vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch die Heimaufsicht erfuhr erst danach von der Übernahme. Kai Thormählen, der die kommissarische Leitung der Einrichtung für die WH Care vor gut zwei Wochen übernommen hat, sagt: „Was die vorherigen Betreiber hier veranstaltet haben, war fürchterlich. Wir übernehmen eine Einrichtung ohne Identität und Seele.“ Nicht mal ein Schild mit dem Namen der Einrichtung habe zuletzt an dem Heim gehangen. Das sei nun anders: Jetzt stehe „Lebens- und Gesundheitszentrum: Haus in vita“ am Eingang.

Man stehe vor einer großen Herausforderung, so Thormählen weiter: „Wir haben eine eigene Philosophie, ein eigenes Konzept in Richtung saluto genese: Wir wollen für jeden schauen, wo wir noch etwas erreichen können.“ Für die Zukunft verspricht Thormählen Kontinuität: Die Einrichtung wolle ein fester Teil von Huchting werden – für 35 Jahre hat die WH Care Holding laut Thormählen das Gebäude gepachtet.

Es ist die erste Einrichtung des Trägers in Bremen, eine weitere mit 300 Betten plant WH Care laut Thormählen derzeit in Hemelingen. Darüber hinaus betreibt der Träger noch fünf weitere Einrichtungen in Niedersachsen, deren Pflegenoten überwiegend dem dortigen Durchschnitt entsprechen.

Klaus Möhle (SPD), der Vorsitzende der Sozialdeputation, steht dem Wechsel in Kirchhuchting kritisch gegenüber. Betreiberwechsel seien für langfristige Ziele „nicht wohltuend.“ Ohnehin ist Möhle gegenüber privaten Betreibern von Pflegeeinrichtungen skeptisch. Er sagt: „Da drückt man die Preise, um mehr Gewinne zu machen. Dort werden Gewinnmargen erzielt, die einen erstaunen lassen.“ gjo

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