Kostenbefreiung für Stromfresser gefährdet

ENERGIE Oberlandesgericht Düsseldorf äußert Bedenken dagegen, dass große Industriebetriebe keine Netzentgelte zahlen müssen. Parlament muss Ausnahmen nun möglicherweise per Gesetz neu regeln

DÜSSELDORF dpa | Die Befreiung der großen industriellen Stromverbraucher von den Netzkosten droht vor Gericht durchzufallen. Zwar ließ das Düsseldorfer Oberlandesgericht die rückwirkende Befreiung am Mittwoch im Eilverfahren trotz massiver Bedenken passieren. Mit Blick auf das Hauptverfahren sagte der Vorsitzende Richter Wiegand Laubenstein aber, das Gericht habe „erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Befreiung“. Es fehle an einer ausreichenden Rechtsgrundlage. Sie sei zudem europarechtlich fragwürdig.

Die Befreiung hätte aus Sicht des Gerichts in einem Gesetz und nicht per Verordnung geregelt werden müssen. Die Kostenbefreiung sei eine Härtefallregelung, um die Wettbewerbsfähigkeit etwa der Papier-, Zement- und der chemischen Industrie angesichts steigender Energiekosten durch den Atomausstieg zu sichern. Das Gericht sei sich im Klaren, dass es um viele Arbeitsplätze gehe: „Das sehen wir.“ Eine vollständige Befreiung einer bestimmten Gruppe Stromverbraucher von den Netzkosten sei aber auch per Gesetz europarechtlich „schlecht darstellbar und begründbar“, weil die Regelung diskriminierungsfrei und kostenbezogen sein müsse.

Daher sei eine Minderung der Netzkosten für Großverbraucher eher denkbar als eine vollständige Befreiung. „Das sind natürlich auch alles Hinweise an den Gesetzgeber“, sagte Laubenstein. Im Hauptverfahren sind mehr als 160 Klagen von Netzbetreibern gegen die Netzkostenbefreiung anhängig.

Mit der Eilentscheidung als vorübergehender Duldung verschaffte das Gericht der schwarz-gelben Koalition einige Monate, um bis zur Entscheidung im Hauptverfahren nachzubessern.