„Wir brauchen saubere Küsten für alle“

Die Regierung der Balearen investiert vor allem in saubere Strände und sauberes Wasser. „Die finanziellen Mittel dafür sind eine Frage des politischen Willens“, sagt der Umweltminister der Balearen, Jaume Font Barceló

taz: Herr Font Barceló, sind Sie zufrieden mit der touristischen Entwicklung auf den Balearen? Jaume Font Barceló: Ich bin nicht nur zufrieden, ich bin stolz. Wir sind an einem Punkt, wo wir unser touristisches Produkt immer mehr verbessern. Seit 1999 versuchen wir unser Produkt gezielt hin auf einen nachhaltigen Tourismus zu entwickeln.

Wie sehen Sie das Verhältnis von Massen- und Qualitätstourismus auf Mallorca?

Ich möchte nicht den Begriff Massentourismus verwenden. Jeder hat einen Anspruch auf Urlaub. Wir ordnen unsere Besucher nicht nach dem Geldbeutel ein. Wir haben verschiedene Produkte, und ich finde es gut, dass sich die Angebote unterscheiden. Unsere Qualifizierungsanstrengungen gelten für alle Angebote, ohne dass wir irgendjemanden ausschließen.

Wo sehen Sie die größte politische Herausforderung durch den Tourismus?

Für mich sind das vor allem die Klärung und Sauberhaltung von Wasser. Bei uns wird alles verbrauchte Wasser geklärt, weil wir das Wasser wieder verwenden wollen. Und auch, wenn es ins Meer fließt, wollen wir, dass das Wasser sauber ist. Wir brauchen eine saubere Küste. In das Thema sauberes Wasser investieren wir im Moment zirka 90 Millionen Euro. Dann haben wir Schiffe auf dem Meer, die Müll wie Plastik und anderen Abfall einsammeln. Den Müll, der aus dem ganzen Mittelmeerraum an unsere Küsten geschwemmt wird. Mit GPS ausgestattete Kleinflugzeuge suchen vor den Küsten der Balearen nach Abfällen. Die Informationen werden an ein Koordinationszentrum weitergeleitet.

Die Zahl der Golfplätze soll um 14 erhöht werden, 3 sind gerade im Bau und 18 gibt es schon auf der Insel. Ist das nicht sehr wasserintensiv für Inseln ohne Flüsse?

Auf den Balearen haben wir keinen Wassermangel, das Wasser ist garantiert. Aber trotzdem legen wir neue Leitungen, um das Wasser auf jeder Insel problemlos von Nord nach Süd bringen zu können. Gleichzeitig haben wir vier Meerwasserentsalzungsanlagen gebaut – zwei auf Mallorca, eine auf Ibiza und eine auf Menorca. Wir haben keine Flüsse und leben daher vom Grundwasser. Nun wollen wir die Grundwasserbestände schonen. All diese Initiativen kosten uns mehr als 150 Millionen Euro.

In den Medien wird Ihre Regierung allerdings stärker als Verteidigerin neuer Autobahnen denn als Verteidigerin der Umwelt wahrgenommen. Im Gegensatz zu der alten Regierung, die mit der Ökosteuer von sich reden machte?

Das ist eine falsche Wahrnehmung. Eine Regierung wie die alte, die das Abwasser direkt ins Meer laufen ließ, im Unterschied zu unseren 150 Millionen, die wir für reines Wasser ausgeben. Und was die Autobahnen betrifft: Für uns ist die Sicherheit der Menschen fundamental. Dafür und für die Bewegungsfreiheit brauchen wir gute Straßen.

Was erhoffen Sie sich von der Tarjeta Verde, der Umweltkarte?

Sie ist etwas, das sich langsam, aber stetig entwickelt. Das Umweltministerium setzt nicht alleine auf die Umweltkarte. Die Frage ist doch, was wird heute ohne Ökosteuer in die Umwelt investiert und was hat die alte Regierung investiert?

Was denn?

Ich sage es Ihnen genau: Die alte Regierung hat 140 Millionen Euro jedes Jahr dafür gegeben, und heute werden 170 Millionen ohne Ökosteuer investiert. Das sind 30 Millionen mehr.

Woher kommen die Mittel?

Aus dem Haushalt. Wir setzen diese Priorität, das ist politischer Wille.

Naturschutzorganisationen sehen viele Umweltprojekte nicht mehr gefördert, dafür sollen der Flughafen und Sporthäfen ausgebaut werden. Auf der Homepage der Umweltkarte stehen lediglich zwei Umweltprojekte.

Ich respektiere die Umweltgruppen. Sie machen seit 30 Jahren gute Arbeit. Aber sie sagen nicht immer die volle Wahrheit.

Die Zersiedelung der Landschaft auf den Balearen erfolgt durch einen unkontrollierten Finca-Markt und korrupte Geschäfte, sagen Kritiker. Was macht die jetzige Regierung, um dies zu kontrollieren?

Das unterliegt nicht alles dem Einfluss der Regierung. Wir haben eine stark föderale Struktur, und da kann nicht alles von der Regierung bestimmt werden. Das ist komplizierter. Auf jeden Fall gibt es den Versuch, Auswüchse einzudämmen, aber das muss von Fall zu Fall beobachtet werden. Wenn es um die Zersiedelung der Landschaft geht, dann kann das Umweltamt intervenieren, und ich glaube, dass das gemacht wird.

Was erwarten Sie von dem Kongress mit der TUI zur Umsetzung der Agenda 21?

Unsere Regierung setzt sich mit einem großen Veranstalter wie der TUI zusammen, um mehr vom Umweltthema zu verstehen. Und wir können zusammen die Information untereinander und für die Urlauber verbessern. Das ist Transparenz. Doch dieser Kontakt läuft nicht nur auf Regierungsebene, sondern auch auf der Ebene der Gemeinden. Es geht um die Umsetzung der Agenda 21. Und ich glaube, da sind wir Vorreiter, wenn sich 80 Prozent unserer Gemeinden um die Umsetzung der Agenda 21 bemühen.

INTERVIEW: EDITH KRESTA