Täter ist voll schuldfähig

Hameln-Prozess

Mit geradem Rücken sitzt er auf der Anklagebank, ein unscheinbarer Typ. Schlank, Bartschatten, ordentliche Kleidung. Seine Erscheinung will nicht zu der Tat passen, die er gestanden hat. Aber wie sieht ein Mann schon aus, der seine Expartnerin mit einem Messer und einer Axt attackiert, bevor er ein Seil um ihren Hals legt und sie an der Anhängerkupplung seines Autos mit Vollgas mitten durch Hameln schleift?

Am Mittwoch sagte ein psychiatrischer Gutachter am Landgericht in Hannover aus. Der hält den 39-jährigen Nurettin B. für voll schuldfähig, wenn er ihm auch mangelnde Empathiefähigkeit attestiert.

Da B. die Tat komplett gestanden hat, geht es im Prozess nur noch um die Frage, ob er sie auch geplant hatte. Seine Verteidiger argumentieren, dass B. die Axt und das Seil für Baumschnittarbeiten im Auto hatte und das Messer mit zwölf Zentimeter langer Klinge zum Selbstschutz dabei hatte. Die Staatsanwaltschaft ist hingegen davon überzeugt, dass B. die Waffen zuvor im Auto bereitgelegt hatte. Die Anklage lautet deshalb auf versuchten Mord – nicht Totschlag.

Die Aussage des Gutachters stützt nun diese Theorie: Die Tat sei zu komplex für einen Ausraster im Affekt gewesen. Vielmehr hätten sich an diesem Novemberabend lange unterdrückte Wut und Hass auf die Expartnerin entladen.

Denn am Abend des 20. November 2016, hatten B. und seine Expartnerin Kader K. wie schon so oft über Unterhaltszahlungen für ihren Sohn gestritten. Er habe „einen Hass wie nie“ gefühlt, ließ B. von seinen Verteidigern verlesen. „Ich habe sie einfach nur töten wollen.“

K. und der heute dreijährige Junge, der auf dem Rücksitz saß, als sein Vater seine Mutter so schwer misshandelte, leiden noch sehr unter den Folgen der Tat. Beide hätten Schlafstörungen, sagte die 28-Jährige vor Gericht aus. Ihre Haare hat sie mit einem blauen, spitzenbesetzten Kopftuch verdeckt, um ihre Narben zu verstecken.

Auch von den Abschürfungen durch den Asphalt, den Stichverletzungen nahe dem Herzen und der Not-OP, die ihr das Leben gerettet hat, sind Narben zurückgeblieben. „Jedes Mal, wenn ich sie anfasse, weiß ich, was mir angetan wurde“, sagt K.

Am kommenden Mittwoch soll das Urteil fallen. rea