Schalke ganz besoffen vor Torchancen

Mit einem 2:0-Heimerfolg gegen jämmerlich schwache Hannoveraner feiert Schalke ein feuchtfröhliches Wochen-Happyend. Nach überstandener Alkoholdebatte freut sich der Vize-Meister auf das Europapokalspiel gegen Milan

GELSENKIRCHEN taz ■ Der Fußball und das Bier: Nach einer verkaterten Krisenwoche feierten die Schalke-Fans den samstäglichen 2:0-Heimsieg gegen Hannover mit ganz viel Pils. Wie ein Kommentar der Fußballbasis zur aktuellen Diskussion um tatsächlichen oder angeblichen Alkoholkonsum auf deutschen Fußballplätzen wirkte die Zecherei der königsblauen Fans schon. Rund um die Veltins(!)-Arena schütteten sich viele der 60.881 Zuschauer nach Spielende mit dem Pilsbier des Gelsenkirchener Hauptsponsors zu.

In den 90 Minuten zuvor hatte sich die Schalker Bundesligaelf fast besoffen gespielt vor Torchancen. Gleich mehrmals trafen die in der Defensive neu arrangierten Knappen – Dario Rodriguez stabilisierte die Innenverteidigung – Pfosten oder Latte. Spielmacher Lincoln und der zweikampfstarke Nationalspieler Fabian Ernst sorgten im Mittelfeld für Oberwasser. Besonders bei Flanken und schnellen Steilpässen zwang Schalke die hüftsteife Hannoveraner Abwehr – in der auch DFB-Kicker Per Mertesacker nie zu überzeugen wusste – in hochnotgefährliche Situationen. Einzig 96-Keeper Robert Enke spielte stark und verhinderte eine frühe Schalker Führung.

Es ist ein Elend des deutschen Fußballs wie risikoarm und gelangweilt viele Auswärtsmannschaften in der Bundesliga agieren. Obwohl Schalke keine Übermannschaft ist und zuletzt nicht nur in Nürnberg und Eindhoven schwach spielte, bot Hannover mutlosen Standfußball in der eigenen Hälfte. Bei einigen Kontern wurden die vorwärtsstrebenden Offensivspieler aus den hinteren Mannschaftsteilen nicht unterstützt. Und so geschah es, dass Schalke nur eine wirklich kritische Situation in der gesamten Spielzeit zu überstehen hatte. Der Ex-Leverkusener Thomas Brdaric stand Mitte der ersten Hälfte ziemlich frei vor S04-Torwart Frank Rost. Doch Hannovers Angreifer zielte aus acht, neun Metern nicht aufs Tor, sondern ließ sich peinlicherweise fallen.

Erst nach der Pause beuteten die Schalker die Schwäche der miserablen 96er aus. Von der starken linken Seite flankte Mladen Krstajic, Lincoln traf per Kopf in der 58. Minute. Per Foulelfmeter (Cherundolo foulte den Schalker Regisseur) hätte Lincoln die Partie kurz darauf vorentscheiden können. Doch den schwach getretenen Penalty des Brasilianers hielt Enke. Und so es dauerte bis zur 66. Minute, bis der Gelsenkirchener Heimerfolg gesichert war. Kevin Kuranyi köpfte nach einem Freistoss den HSV-Verteidiger Vinicius Bergantin an, von dessen Körper der Ball zum 2:0 ins Tor sprang.

„Heute fängt für uns die Saison neu an“, sagte Schalkes Mittelfeldspieler Lincoln nach dem Abpfiff. Wenn diese Zeiteinteilung gilt, dann könnte die königsblaue Spielzeit auch schnell wieder enden. Am kommenden Mittwoch nämlich kommt im Europapokal der AC Mailand ins Ruhrgebiet. Das zweite Spiel in der Championsklasse dürfen die Knappen nicht verlieren.

Im übrigen wurde die leidige Bier-Diskussion auf Schalke gestern auch televisionär aus der Welt geschafft: Der Sportmoderator Jörg W. hat sich in der DSF-Sendung „Doppelpass“ öffentlich bei Schalkes Manager Rudi A. entschuldigt und die vor einer Woche gemachten Anspielungen auf dessen Alkoholkonsum zurückgenommen. „Ich möchte mich ganz offiziell entschuldigen. Sorry Rudi“, erklärte der 57 Jahre alte W., der betonte, er kenne A. schon seit 20 Jahren und habe sich mit ihm ausgesprochen. Damit ist die Angelegenheit, die unter der Woche für Aufsehen gesorgt hatte, für beide Seiten erledigt. Cheers!

MARTIN TEIGELER