Die Spur führt auf Mittelmeerinsel

Steuerflucht Die Fahnder haben Daten über Firmen erhalten, die Malta als Steuerschlupfloch nutzen

BERLIN taz | Der Datenstick, den die Wuppertaler Steuerbehörde Ende April in ihrem Briefkasten fand, hatte keinen Absender. Der Inhalt war umso aussagekräftiger. Auf dem Datenträger fanden sie eine Exceltabelle mit 400.000 Zeilen. Diese enthielt Namen und Gesellschafter von bis zu 70.000 Firmen, die auf Malta angemeldet sind.

Darunter seien etwa 1.700 bis 2.000 Firmen, die mit deutschen Eigentümern in Verbindung stehen und bei denen sich in den meisten Fällen „hohe Verdachtsmomente ergeben“, dass sie zu einem bestimmten Zweck, nämlich der Steuerhinterziehung, gegründet wurden. Darunter seien auch „große, angesehene deutsche Konzerne.“ Das gab Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin bekannt.

NRW setzt konsequent auf den Ankauf und die Auswertung von sogenannten Steuer-CDs, die Auskunft über deutsche Steuerhinterzieher geben, die Geld vorm Fiskus verstecken und es im Ausland etwa in der Schweiz bunkern. Aktuell ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen einen 54-jährigen Expolizisten aus Zürich, der vom Schweizer Geheimdienst angeheuert wurde, um die NRW-Steuerfahnder zu bespitzeln. Ein weiterer Agent, der in der Finanzverwaltung arbeiten soll, wurde noch nicht enttarnt.

Der Verdacht gegen die nun genannten bis zu 2.000 maltesischen Firmen mit deutschem Hintergrund gründet sich auf der Tatsache, dass nur 15 Prozent der Niederlassungen bei den deutschen Finanzämtern angemeldet wurden. Wenn eine deutsche Firma eine Niederlassung im Ausland gründet und dies dem Finanzamt verschweigt, sei das illegal, machte Walter-Borjans deutlich. „Es gibt keinen Grund, eine Firma gegen das Gesetz nicht anzumelden.“

Es gebe seit Längerem Hinweise darauf, dass sich Malta zu einer Art Panama in Europa entwickle, sagte Walter-Borjans. Offiziell fallen auf Malta 35 Prozent Körperschaftssteuer an. Ausländische Gesellschafter können sich allerdings 80 Prozent der Steuern zurückerstatten lassen. Die Rückerstattung müssen aber Deutsche eigentlich dem deutschen Fiskus als Einkommen melden und darauf Einkommensteuer entrichten – was allzu wenige machen. Malta verzichtet darauf, die Information über eine Firmengründung mit ausländischen Gesellschaftern an das betreffende Land weiterzugeben.

Walter-Borjans stellte in Aussicht, dass man den betroffenen Firmen eine Nachmeldefrist bis 30. Juni gebe. Gleichzeitig kritisierte er Wolfgang Schäuble, der zu wenig tue, um Steuerschlupflöcher zu schließen: „Ich erwarte vom Bundesfinanzminister, dass er die Lücke schließt zwischen kraftvollen Ankündigungen und erkennbaren Verzögerungen und Verwässerungen.“ Anna Lehmann