Falsch verstanden?

Todesstrafe in der Türkei Eine Meldung und ihre Geschichte

„Sofuoğlu will Wahl über Todesstrafe ermöglichen – Gemeinde für Abstimmung“, titelte der Mannheimer Morgen am 9. Mai. Das suggeriert, dass der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Gökay Sofuoğlu, ein mögliches Referendum in Deutschland über die Einführung der Todesstrafe in der Türkei befürworten würde.

Sofuoğlu widerspricht dieser Darstellung. „Wir sind gegen das Referendum“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. In der genannten Zeitung war er mit den Worten zitiert worden: „Nur weil einem die Frage nicht gefällt, kann man ein solches Referendum nicht einfach verbieten.“ Dabei sei es allerdings nur um die rechtlichen Aspekte eines möglichen Abstimmungsverbots gegangen, sagte Sofuoğlu der taz. „Wir haben uns da falsch verstanden. Ich hatte gesagt, dass man zunächst gesetzliche Grundlagen für ein Verbot schaffen sollte, damit es nicht bei politischen Parolen bleibt.“ Er wolle dem Redakteur keine böse Absicht unterstellen. „Ich werde meine Zitate zukünftig autorisieren.“

Der Mannheimer Morgen sagte der taz: Sofuoğlu habe erklärt, dass die Bundesrepublik eine Abstimmung gewährleisten müsse, obwohl er die Todesstrafe ablehnt. Weil sich Sofuoğlu durch die Überschrift falsch wiedergegeben fühle, werde die Zeitung heute eine Richtigstellung veröffentlichen.

Die Meldung verbreitete sich dennoch. Auf deutschlandfunk.de ist zu lesen, dass die Türkische Gemeinde in Deutschland an die Bundesregierung „appelliert, ein mögliches Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei zuzulassen“. n-tv.de titelte „TGD: Referendum sollte möglich sein.“

Die Interessenvertretung türkischstämmiger Deutscher vertritt 260 Einzelvereine mit rund 60.000 Mitgliedern. Sofuoğlu ist seit 2014 Vorsitzender des Verbands. Der Sozialpädagoge ist zudem Mitglied in der SPD und bei Verdi.

Frederik Schindler